Seattle - Für Tierschützer ist es eine Sensation, doch Rancher im Westen der USA sind beunruhigt: Die Wölfe sind zurückgekehrt, und zwar in Scharen. Biologen hatten ein Wiederansiedlungs-Programm der Regierung Bill Clintons für die einst ausgerotteten Raubtiere mit Begeisterung aufgenommen. Vor allem im Gebiet des Yellowstone-Nationalparks (US-Bundesstaat Wyoming) war es erfolgreich. Die Viehzüchter sehen das aber ganz anders. Sie sorgen sich um den Bestand ihrer Herden und hoffen auf Unterstützung durch die neue konservative Regierung unter George W. Bush. Selbstjustiz gewünscht Die einflussreiche Landwirtschafts-Vereinigung "American Farm Bureau Federation" (AFBF) fordert harte Maßnahmen. Herdenbesitzer sollen hungrige Wölfe, die sich auf Rinder stürzen, erschießen dürfen. Der Anwalt der AFBF, Richard Krause, sagte in einem Interview mit der Tageszeitung "USA Today", die derzeit gängige Praxis, "Problemwölfe" zu beseitigen, sei nicht effektiv. Nach den Regeln, die noch von Clintons Innenminister Bruce Babbitt festgelegt wurden, dürfen Rancher räuberische Wölfe nicht selbst töten. Die AFBF verlangt nun von Babbitts Nachfolgerin Gale Norton, den Fangschuss wieder zu erlauben. Zwar hatten der Staat und Tierschutzgruppen bisher die Verluste der Rancher ausgeglichen, die durch gerissene Tiere entstanden. Aber die Wolfrudel sind nun so groß geworden, dass Herdenbesitzer die Geduld verlieren. Sie wollen nicht mehr auf staatliche Förster warten, die erst nach einer Verlustmeldung des Ranchers Jagd auf die Wölfe machen. Stark vermehrt Die 31 Wölfe, die 1995 aus Kanada in den Nationalpark gebracht wurden, sind inzwischen auf über 160 Tiere in 16 Rudeln angewachsen. Auch in anderen Regionen im Westen der USA heulen wieder die Wölfe. Insgesamt stieg der Bestand durch das Wiederansiedlungs-Programm auf etwa 350 Tiere. Ihr Lebensraum ist nicht umzäunt und die Raubtiere streifen umher auf der Suche nach Futter. Schutzkonzepte Tierschützer verlangen, das Schießverbot für die Rancher beizubehalten. Doch gleichzeitig wollen Organisationen wie "Defenders of Wildlife" im Bundesstaat Montana mit Sonderfonds den Schutz von Rinderherden finanzieren. Die Rancher erhalten unter anderem Geld für Wachhunde und elektrische Zäune. Die Tierfreunde wollen sogar die Gehälter für zusätzliche Cowboys tragen, die die Herden vor Attacken schützen müssen. Die neue Innenministerin hat sich bisher noch nicht zu den Yellowstone-Wölfen geäußert. Doch aus anderen Äußerungen Nortons während ihrer Befragung durch den Senat im vergangenen Jänner schließen Tierschützer, dass die strengen Regeln der Babbitt-Zeit gelockert werden könnten. Immerhin befürwortet Norton ein stärkeres Mitspracherecht, das die Rancher in den Clinton-Jahren immer wieder für sich gefordert hatten. "Ich verlange Beratungen mit den Menschen, die von den Regierungs-Maßnahmen am stärksten betroffen sind," sagt Norton. (APA/dpa)