"Diese Regelung ist mörderisch": Robert Menasse, der seit Monaten kein Hehl daraus macht, dass ihm die von Kunststaatssekretär Franz Morak initiierte, auf Personen unter 50 Jahren beschränkte Künstlersozialversicherung "light" missfällt, tritt nun mit einem aufsehenerregenden Projekt an die Öffentlichkeit. Dem STANDARD erläuterte der Schriftsteller Umrisse einer geplanten "Free Austria Kunst.gmbH", die im Ausland ansässig sein soll und heimische Künstler (derzeit spricht Menasse von rund 40 der wichtigsten heimischen Kreativen unter 50) "beschäftigen" soll. Diese würden, ähnlich wie einst der für Luxemburg startende Skistar Marc Girardelli, nicht länger als österreichische Künstler "antreten". Man könnte sie aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens in Österreich nicht mehr zur Kasse bitten, was Vater Staat rund 20 Millionen Schilling kosten dürfte. Die "so genannte Kulturnation Österreich", so Menasse, könnte sich dann - ähnlich wie im Fall Girardelli - "nicht mehr auf uns berufen. Wir wären kein Beweis mehr für eine Kulturnation, sondern dafür, dass Kunst trotzdem entsteht - trotz dieser Regierung, die Kulturinstitute zusperrt und Künstlern die Lebens- und Arbeitsgrundlagen weitgehend zerstört." Moraks Missachtung Anlass für die in etwa einem Monat geplante und laut Menasse "mit einem im europäischen Kontext renommierten Wirtschaftsanwalt konzipierte" Firmengründung waren errechnete, absehbare Schädigungen der besserverdienenden oder bisher anderweitig versicherten Künstler durch die zuletzt beschlossene Pflichtversicherung. Robert Menasse: "In der Tat wurde die Künstlersozialversicherung schon vor Moraks Amtsantritt auch unter Peter Wittmann sehr lange unfruchtbar diskutiert. Und als dann eine Reform in Sicht war, hat Morak es verabsäumt, mit Interessenvertretern zu reden, die tatsächlich ein Mandat vonseiten der Künstler hatten. Er hat es unterlassen, im Ausland nachzufragen, welche Erfahrungswerte dort bereits existieren." Für viele Künstler ergebe sich nun nämlich ein riesiges Finanzierungsproblem: Nicht nur, dass die vom Staat verordnete "Zwangsversicherung" (Menasse) "mehr kostet und weniger Leistung bringt als viele Sozialversicherungen, die viele bis dato in privater Initiative abgeschlossen haben". Auch eine Fortführung und sogar eine Auflösung vieler dieser privat abgeschlossenen Versicherungen bedeute finanziell zusätzlich mehr Aufwand. Und, so Menasse: "Nicht wenige Freischaffende bezahlen im Rahmen von Werkverträgen ja noch weitere Versicherungsbeiträge - wobei diese Mehrzahlungen aber keinen Aufstieg in ein Krankenzimmer erster Klasse bewirken." Aufgestaute Wut Gerhard Ruiss von der IG Autorinnen Autoren pflichtet Menasses Argumentation voll und ganz bei: Er habe die Künstlerversicherung zuletzt auch lediglich "für diejenigen, die über keine finanziell leistbaren Versicherungsmöglichkeiten verfügen", also nur als "ersten Schritt begrüßt". Ruiss: "Ein zweiter möglicher Schritt wäre gewesen, gerade diejenigen unter den Autoren und Künstlern, die eigentlich das Ideal dieser Regierung darstellen müssten - Autoren und Künstler, die sich auf dem Markt bewiesen haben -, nicht nachträglich dafür zur Kasse zu bitten, ohne etwas zuvor für diese Künstler anzubieten gehabt zu haben oder ihnen jetzt anbieten zu können." Ein solcher zweiter Schritt wäre laut Ruiss "immer noch möglich und könnte sicher umgehend gesetzlich verwirklicht werden". Andernfalls drohe tatsächlich eine weitere Vergrößerung der bereits existierenden Gräben zwischen Kunst und Staat: "Entlädt sich einmal die angestaute Wut über die existenzielle Missachtung, reißt sie alles mit sich." Dazu ein 'KOMMENTAR DER ANDEREN' von Maria-Theresia Litschauer : Die Kunst der Versicherung (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21. 2. 2001)