Wien - Zuerst Vorschusslorbeeren, dann immer mehr Kritik. - Infrastrukturministerin Monika Forstinger (F) rutschte in ihren ersten 100 Tagen als Ressortchefin nicht erst mit ihrer Telefonnummern-Verordnung in die Schlagzeilen der Medien. Eine Chronologie: 10. November 2000: Es wird bekannt, dass Forstinger, oberösterreichische Landtagsabgeordnete, die Nachfolge von Michael Schmid antreten wird. 11. November 2000: Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer (F) bezeichnet Forstinger als "sehr gute Lösung" und als "freiheitliches Urgestein". VP-Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat nennt sie eine "kompetente Frau". Der ÖAMTC fordert ein Gesamtverkehrkonzept für Österreich. 14. November 2000: Der Präsident der Wirtschaftskammer Österreich, Christoph Leitl, betont anlässlich der Angelobung von Forstinger, mit ihre käme eine "tüchtige Managerin in die Regierung". Unmittelbar nach der Angelobung fährt die Ressortchefin nach Kaprun, um sich ein Bild von der Seilbahn-Tragödie zu machen. 15. November 2000: Ein geplantes Treffen der Tiroler Klubobleute mit der neuen Verkehrsministerin wird kurzfristig abgesagt. Bei einem TV-Interview auf dem Rücksitz eines fahrenden Pkw zeigt sich, dass Forstinger nicht angeschnallt ist. "Normalerweise sitze ich vorne", erklärt die Ressortchefin dazu, Selbstanzeige werde sie keine machen. 15. November 2000: Die Ressortchefin kündigt ihren Kabinettchef Willi Berner. "News" zitiert die Ministerin so: "Du bist fristlos gekündigt. Hol dir deine persönlichen Sachen ab, gib deine Schlüssel ab - und adieu!". Zuvor war unter anderem bekannt geworden, dass die Ministerin Logis in einer Villa des Zeiten Nationalratspräsidenten Thomas Prinzhorn (F) in Wien-Döbling bezogen hatte. 17. November 2000: Forstinger bestätigt Pläne, die Österreichischen Bundesbahnen in die Bereiche "Infrastruktur" und "Absatz" zu spalten. Sie erntet dafür teilweise Kritik. 18. November 2000: Im ORF-Radio kündigt die Ministerin an, binnen 100 Tagen ein Arbeitskonzept vorlegen zu wollen. 20. November 2000: Forstinger erklärt: "Der Börsegang (der Telekom Austria, Anm.) wurde sehr professionell vorbereitet." 22. November 2000: Die Realisierung des Lainzer Tunnels bleibt auf Eis gelegt. 29. November 2000: "Mit Erstaunen" nimmt die F-Politikerin ein von den drei Landeshauptleuten Michael Häupl (S), Karl Stix (S) und Erwin Pröll (V) formuliertes "Südbahn-Memorandum" zur Kenntnis. 1. Dezember 2000: Die Ministerin kündigt ein Rechtsgutachten über Ökopunkte-Schwarzfahrten an. 18. Dezember 2000: Forstinger installiert eine LKW-Maut-Arbeitsgruppe und will um eine Mengenbeschränkung im EU-Transitvertrag kämpfen. 21. Dezember 2000: Streit mit der EU, die die Transit-Mengenbeschränkung streichen will. 22. Dezember 2000: Der Kärntner Verkehrsreferent Mathias Reichhold (F) fordert die Realisierung der Koralmbahn zwischen Graz und Klagenfurt. Rund um Diskussionen über die Telefongebührenbefreiung wirft Forstinger der Telekom Austria "glatten Wortbruch" vor. 3. Jänner 2001: Die Infrastrukturministerin tritt für die Wiederholung der Führerscheinprüfung bei schweren Verkehrsdelikten ein. 8. Jänner 2001: Neuer Kabinettchef der Ministerin wird der Manager und Bauingenieur Hans Jürgen Miko. Die Suche nach einem Kabinettchef hat sich für Forstinger offenbar langwierig und schwierig gestaltet. 11. Jänner 2001: Die Einführung einer Lkw-Maut in Österreich wird von der Ministerin neuerliche verschoben. Die Asfinag wird beauftragt, ein vollelektronisches System zu schaffen. Die Arbeiten für ein "duales Mautsystem" mit zusätzlichen Abfertigungsspuren werden kurz vor der geplanten Ausschreibung gestoppt. Für die Autofahrerclubs kommt das einer "Bankrotterklärung" gleich. Forstinger kündigt ein nationales Verkehrssicherheitsprogramm an. 11. Jänner 2001: Erste Meldungen über eine radikale Kürzung der ÖBB-Bahnhofsoffensive. 15. Jänner 2001: Kärntner Politiker drohen der Ministerin mit einem Volksbegehren, sollte sie Zusagen ihres Vorgängers Schmid über verkehrstechnische Investitionen nicht einhalten. 16. Jänner 2001: Forstinger erteilt der Bahnhofsoffensive eine Absage: Als Schwerpunkte sollten bei der Bahnhofsgestaltung beispielsweise Sanitärbereiche und behindertengerechte Ausbauten gelten. Für "architektonische Profilierungswünsche auf Kosten der Steuerzahler" sei sie "nicht zu haben". Der Kärntner Landeshauptman Jörg Haider (F) spricht von einer "persönlichen Beleidigung", wenn Forstinger die Koralmbahn nicht realisieren lasse. 17. Jänner 2001: Bei einer Enquete zum "Nationalen Verkehrssicherheitsprogramm 2001" fordert Forstinger erneut verstärkte Drogentests bei Fahrzeuglenkern. Daraus sollen verpflichtende Tests werden. 18. Jänner 2001: Ein geplantes Gipfelgespräch der Ministerin mit dem ÖBB-Vorstand wird von der Ressortchefin abgesagt. 19. Jänner 2001: Bei einem "Gipfel" zwischen Forstinger und dem Kärntner Landeshauptmann Haider macht die Ministerin Zusagen bezüglich der Koralmbahn. Insgesamt verspricht sie Haider zunächst Investionen von 3,5 Mrd. Schilling. 30. Jänner 2001: Wiens Bürgmeister Häupl und sein Vize, Finanzstadtrat Sepp Rieder, beklagen eine "chaotische Verkehrspolitik" des Bundes. 31. Jänner 2001: Die Ausschreibungsbedingungen für das elektronische Mautsystem werden fixiert. 7. Februar 2001: Das Bundesland Tirol fordert - wieder einmal - vom Forstinger-Ministerium eine Liste der "Ökopunkte-Sünder" sowie Strafen die betroffenen Frächter. 15. Februar 2001: Das Verkehrsministerium will die Brenner-Maut um 30 Schilling von 1.070 auf 1.040 Schilling senken. 19. Februar 2001: Die Landeshauptleute Häupl (S), Pröll (V) und Hans Niessl (S) fordern Investitionen von 100 Milliarden Schilling in die Infra- und Verkehrsstruktur der Ostregion. Die ebenfalls angedachte Schienenanbindung des Wiener Raums über Sopron in Richtung Süden bezeichnet Forstinger als "Verrat an Österreich". Häupl hat die Ministerin aufgefordert, "ihren Job zu machen". 20. Februar 2001: Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Eisenbahner (GdE), Wilhelm Haberzettel, zieht Bilanz über die ersten 100 Tage der Ministerin in ihrem Amt: "Weitere 1.077 Tage mit Frau Bundesministerin Forstinger fasse ich als gefährliche Drohung auf." 20. Februar 2001: Um 15.41 Uhr gibt es die erste Meldung über veröffentlichte Telefon-Rufnummern-Verordnung. Um 17.34 Uhr gibt es die erste Meldung über den Rückzug der Verordnung. Nicht genau datierbar ist ein Monika Forstinger nachgesagter "Anti-Stöckelschuhe-Erlass" in ihrem Büro. Die Existenz einer solchen Weisung samt ihrer Ablehnung von kurzen Röcken wurde von ihr bestritten. (APA)