Frankfurt/Main - Das Deutsche Exilarchiv in Frankfurt hat rund 30 Briefe der Kafka-Freundin Milena Jesenska an den österreichischen Exil-Publizisten William S. Schlamm erworben. Sie gehören zu einem Teilnachlass Schlamms, den das Exilarchiv von einem Wiener Antiquariat gekauft hat, teilte die Deutsche Bibliothek, in deren Besitz das Exilarchiv ist, am Dienstag mit. Schlamm (1904-1978) war einer der einflussreichsten Publizisten des deutschsprachigen Exils. Er emigrierte 1933 nach Prag und von dort 1938 nach New York. 1957 kehrte er nach Europa zurück. In seiner Prager Exilzeit gründete der Journalist die Zeitschrift "Europäische Hefte". Später war er in Amerika für den Pressekonzern von Henry R. Luce ("Time" und "Life") tätig. Zwischen 1951 und 1957 gab Schlamm die Zeitschrift "National Review" heraus. Nach Europa zurückgekehrt, arbeitete er in der Schweiz vor allem als Kolumnist für Blätter des Springer-Konzerns. Außer den Briefen Milena Jesenskas an Schlamm enthält der Teilnachlass auch Briefe ihres Lebensgefährten Eugen Klinger an den Publizisten. Die Briefe geben nach Angaben der Bibliothek "Aufschluss über das Leben der Emigranten in Prag nach der Annexion Österreichs, der Sudetengebiete und der Rest-Tschechoslowakei". Der Band "Briefe an Milena", Schreiben Franz Kafkas an Jesenska, sind eine wichtige Quelle für die Kafka-Forschung. 1940 wurde die Journalistin und Übersetzerin, die sich nach der Besetzung der Tschechoslowakei als Fluchthelferin betätigt hatte, ins KZ Ravensbrück deportiert. Dort starb sie 1944 im Alter von 48 Jahren. Das Deutsche Exilarchiv der Deutschen Bibliothek sammelt von deutschsprachigen Exilanten veröffentlichte Bücher und Broschüren und verfügt über Nachlässe emigrierter Schriftsteller, Publizisten und Wissenschaftler. Schon seit 1993 befindet sich ein kleiner Teil des Nachlasses von William S. Schlamm im Besitz der Deutschen Bibliothek. Unter den neu erworbenen Unterlagen sind auch 25 Manuskripte seiner Aufsätze und Reden aus den Jahren 1937 bis 1940. (APA/dpa)