Wien - Qualitätssteigerung und Transparenz ja - Veröffentlichungsverbot nein. Auf diese Kurzformel lässt sich das Ergebnis einer Parlamentsenquete am Dienstag über den Umgang mit Meinungsumfrage vor Wahlen bringen. Durch ein Verbot soll die Beeinflussung des Wahlverhaltens verhindert werden. Das sei wenig sinnvoll, so die überwiegende Meinung der Experten bei der Enquete, da man die Veröffentlichung in Zeiten des Internets ohnedies nicht kontrollieren könne. In krassem Widerspruch zur Mehrheitsmeinung befand sich Peter Ulram von Meinungsforschungsinstitut Fessel-GfK. Er sprach sich "angesichts der österreichischen Praxis" für ein Veröffentlichungsverbot einen Monat vor der Wahl aus, wie es etwa in Luxemburg besteht. Die Unsicherheit der Umfrageergebnisse sei methodisch nicht in den Griff zu bekommen, der Einfluss von Umfragen auf das Wahlverhalten offenkundig und werde durch die mediale Aufbereitung der Ergebnisse noch größer, präzisierte Ulram die "österreichische Praxis". Die Kontrolle eines etwaigen Verbots auch im Internet sei sehr wohl möglich, so Ulram unter Verweis auf das Vorgehen gegen Kinderpornographie. Selbst wenn ein Verbot nicht ohne weiteres exekutierbar sei, sollte dies den Gesetzgeber aber nicht abschrecken: "In Österreich wird nur die Minderzahl der Autodiebstähle aufgeklärt, dennoch konnte sich der Gesetzgeber noch nicht durchringen, Autodiebstahl prinzipiell straffrei zu stellen." Der Statistiker Erich Neuwirth (Universität Wien) untermauerte Ulrams Thesen von der Unsicherheit der Ergebnisse. Selbst bei einer Stichprobe von 1000 Befragten seien die Schwankungen mit drei Prozentpunkten plus/minus groß. Dazu komme, dass es selbst bei diesem Sample nur eine 95- prozentige Sicherheit im statistischen Sinn gebe, was wiederum bedeute, dass jede 20. Umfrage falsch sei. Im Gegensatz zu Ulram hält Neuwirth aber wenig von einem Veröffentlichungsverbot. Es gehe vielmehr um mehr Transparenz. Neuwirth: "Ein mündiger Bürger, der um die Unschärfen weiß, geht damit anders um." Für mehr Transparenz bei der Veröffentlichung von Umfragen trat auch Günther Ogris von SORA ein, der die Bekanntgabe von Rohdaten, Erhebungszeitraum, Stichprobengröße, Schwankungsbreiten und Unsicherheiten forderte. Werner Beutelmeyer von Market wandte sich gegen ein Veröffentlichungsverbot mit dem Hinweis auf die Forschungs-, Gewerbe- und Informationsfreiheit und erklärte, dass der Markt nach einer "markanten Vermarktung" verlange. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28.2.2001)