Linz - Innerhalb der Retrospektive, die das Oberösterreichische Landesmuseum Robert Mittringer widmet, markieren zwei Objekte, ein frühes, ein spätes, scheinbar weit auseinander liegende Positionen: die Skulpturengruppe Der Vater ist tot (1987) und das Objekt Sammelstelle (1999/2000). Ersteres besteht aus zwei hoch aufragenden Formationen aus patiniertem, verleimtem Karton, die sich über eine liegende neigen - eine sensible Formulierung von Trauerarbeit. Letzteres, ein Gestell aus unbehandelten Holzprofilen mit eingehängten schwarzen Kübeln, erprobt ein neues Formenvokabular, den Aufbruch zu einer neuen Werkphase.

Verleimter, bemalter Karton ist das dominante Material im ersten Teil der Schau, dem zwei Räume gewidmet sind. Gegenüber der Skulpturengruppe sind an der Wand zwei Boxen angebracht (1995) mit einer Art Lüftungsspalt unten, die Oberfläche zeigt ein biomorphes Muster, in der hellgrauen Asche des Hintergrunds leuchten gelbe Amöben (Sägespäne) auf. Eine schlichte waagrechte Wandleiste verdeutlicht die Struktur des Materials, der Karton ist oben unregelmäßig abgerissen, die zweite, gewellte Strukturschicht wird sichtbar.

Trotz der Bearbeitung denkt man sofort an ein "vorgefundenes Objekt". Die sensible Balance zwischen der Arte povera in der Wahl der Materialien, konzeptueller Strategie und des Objet-trouvé-Prinzips dominiert das Werk bis zu den neuesten Arbeiten. Vor allem die Zeichnungen sind vom Informel eines Joseph Beuys geprägt, delikat in der Technik (Ölkreide, Bleistift) und in der Gewichtsverteilung auf dem jeweiligen Blatt.

Am reinsten manifestiert sich der Umgang mit vorgefundenen Objekten in kleinen Gegenständen und Blättern, unter Glas präsentiert: ein Dunlop-Golfball in einer silbrigen Schachtel, eine ausgebrochene Holzplatte mit einer narbenartigen Vertiefung in der Mitte. Zu einer Art Archäologie der Gegenwart geraten dann große Assemblagen - eine Gruppe von verformten bemalten Kartonschachteln, die physisches wie symbolisches Gewicht suggerieren.

Der Künstler hat sich im Angebot der Nachkriegsmoderne nach einer Phase der Orientierung zuerst zu schlüssigen Kombinationen heterogener Stilelemente vorgearbeitet, der er eine neue Entschiedenheit folgen lässt, etwa in einem unbetitelten, großformatigen Triptychon, einer Mischtechnik aus Asche, Kohle und hellroter Acrylfarbe auf Molino.

Ein Holzkreuz und ein Kübel, mit alten Nägeln gefüllt, in die drei Alu-Eier gebettet sind, bestimmen die Eingangssituation zum ersten Raum, der im Ganzen gesehen auch als eine in sich schlüssige Installation interpretiert werden kann. Das Kreuz pendelt zwischen Arte povera und Art brut. Der schwarze Plastikkübel, der Haufen rostiger Eisennägel, die Aluminiumeier sind gleichsam ein "Do-it-yourself-Kit" der Postmoderne, jedes Element steht für eine andere Stilrichtung - außer der Arte povera noch das Objet trouvé und die Pop-Art. Sie können beliebig zu assoziationsreichen Assemblagen kombiniert werden.

Die Retrospektive, in sich vielfältig mit einigen extremen Positionen, wirkt insgesamt sehr geschlossen. Begleitet wird sie von einer Buchpublikation, erschienen im Verlag der Bibliothek der Provinz. Bis 25. März (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 1. 3. 2001)