Wien - Die Wiener Ärztekammer schlägt Alarm: In den Spitälern herrsche "gewaltiges Chaos", erklärte der Präsident der Wiener Ärztekammer, Walter Dorner am Montag. "Die Verunsicherung innerhalb der Ärzteschaft ist riesengroß, letztendlich ist die Gebühr eine nutzlose Verbürokratisierung, die uns von unserer Arbeit am Patienten abhält", betonte auch Spitalsärztesprecher Klaus Frohner. Der nunmehr eintretende Effekt sei vorhersehbar gewesen: "Die Zahl der Notfälle explodiert geradezu", erklärte Frohner. Hintergrund: Die als "Notfall" deklarierten Patienten müssen nicht die ansonsten üblichen 250 Schilling Ambulanzgebühr bezahlen. "Im Wilhelminenspital hat es am Wochenende de facto nur Notfälle in den Ambulanzen gegeben", sagte Dorner. Beurteilungsgrundlage: Psychisches Erscheinungsbild Laut Verordnung sei es auch möglich, das psychische Erscheinungsbild des Patienten zur Beurteilung, ob ein Notfall vorliege oder nicht, in Erwägung zu ziehen. "Wenn jemand am Mittwoch um neun Uhr vormittag kommt und sagt, er hat Husten, dann ist das gebührenpflichtig, denn er hätte auch zu einem praktischen Arzt gehen können", erklärte Frohner. Wenn aber jemand komme und sage: "Ich habe seit einer halben Stunde Husten und ich habe große Angst. Schauen Sie mich an, ob nicht etwas gefährliches habe", dann sei der Angstzustand allein schon für die Einstufung als Notfall ausreichend. Außerdem: "Wir erheben laut Anweisung des Krankenanstaltenverbundes (KAV) nur das, was sich an der Ambulanz-Leitstelle ohne großen Aufwand feststellen läßt", betonte Frohner. Es könne nicht sein, dass etwa Angstzustände hinterfragt oder diverse Motivationen des Patienten, warum er dieses oder jenes Spital aufgesucht habe, langwierig untersucht werden. "Dahinter stehen fünf Leute Schlage und die nächste Rettung vielleicht auch noch, das ist für niemanden zumutbar." "Ich bin Arzt geworden, um zu helfen. Ich bin kein Schnüffler und kein Wauwau, der die Patienten abhalten soll, dass sie zu mir ins Spital kommen. Die Wiener Spitäler machen ausgezeichnete Arbeit, haben einen guten Ruf und werden von den Patienten angenommen. Ich sehe nicht ein, warum wir dieses Vertrauen mißbrauchen und die Leute ausfragen sollen", meinte Frohner. Verwaltungsdirektor des AKH übt massive Kritik Massive Kritik an der Einführung der Ambulanzgebühr hat heute, Montag nachmittag der Verwaltungsdirektor des Wiener Allgemeinen Krankenhauses (AKH), Ernst Stadlmayr, geübt: "Das ist ein absolut unprofessionelles Verhalten seitens des Ministeriums. Die Gebühr soll von uns seit 1. März verrechnet werden, dabei ist die notwendige Verordnung, die ja alle Details regelt, immer noch nicht eingetroffen", sagte Stadlmayr. Im AKH registriert man jährlich 1,4 Millionen Patientenkontakte in insgesamt 35 Ambulanz-Leitstellen. "Bei uns fällt durch diese Gebühr natürlich ein enormer Verwaltungsaufwand an", betonte Stadlmayr. Die EDV-Anlage müsse mit einer neuen Software ausgestattet werden, Informationsmaterial für die Patienten wie auch für die Ärzte müsse produziert und aufgelegt werden. Darüber hinaus habe man unter der Rufnummer 40 400-1688 eine Service-Hotline für Patienten eingerichtet. "Ganz abgesehen davon, dass jetzt bei den Leitstellen jetzt natürlich mehr Arbeit anfällt." "Wir haben überhaupt keinen Nutzen von der neuen Gebühr, aber einen erheblichen Verwaltungsaufwand", kritisiert Stadlmayr. Bisher lasse sich - auch auf Grund der fehlenden Informationen seitens des Ministeriums, bei welchen Krankheitsbildern jetzt verrechnet werde - nicht einmal abschätzen, bei wie vielen Patienten jetzt die neue Gebühr eingehoben werde. UKH Salzburg mit Personalnot Auch nicht ohne Auswirkung ist die Einführung der Ambulanzgebühr in Salzburg geblieben. "Wir haben das gleiche Problem wie alle anderen, einen erhöhten administrativen Aufwand, der auch finanziell zu Buche schlagen wird." Mit diesen Worten umriss Ernst Lengauer, Verwaltungsleiter am Unfallkrankenhaus Salzburg, auf Anfrage die hinzugekommene Verwaltungsarbeit rund um die Ambulanzgebühr. Als Konsequenz aus dem Mehraufwand wird sich seiner Ansicht nach der Bedarf an Dienstposten erhöhen. Um abzuklären, ob ein Patient im Computer zur Verrechnung der Ambulanzgebühr zu codieren ist oder nicht, müsse ein Vorgespräch geführt werden, erläuterte Lengauer die Situation. Genau dieses Gespräch führe aber zu einem zeitlichen Mehraufwand, der in letzter Konsequenz nur mit mehr Personal bewältigt werden könne. (APA)