Gesundheitspolitik
"VP-Problem" Ambulanzgebühr
Waneck: Schüssel muss das in Ordnung bringen - VP-Länderwiderstand heftiger - Gehrer spricht Machtwort
Wien - Gesundheitsstaatssekretär Reinhart Waneck (FPÖ) fühlt sich vom ÖVP-Aufstand gegen die Ambulanzgebühren nicht
betroffen. Und versucht im STANDARD-Gespräch, die Verantwortung weiterzuleiten: "Der Protest der ÖVP-Landesräte ist ein
ÖVP-internes Problem. Bundeskanzler und ÖVP-Obmann Wolfgang Schüssel muss das in Ordnung bringen." Immerhin sei
die Einführung der Ambulanzgebühren ein ausdrücklicher Wunsch der ÖVP, von Schüssel abwärts, gewesen, argumentiert
Waneck.
Auch Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider lag auf der FPÖ-Linie, den Protestbrief der vier ÖVP-Landesräte zum
ÖVP-Problem zu erklären: Eine "Groteske" sei die ÖVP-interne Debatte. Schüssel-Stellvertreterin Elisabeth Gehrer versuchte
die Debatte zu beenden und ein Machtwort zu sprechen: "Wir sind der Meinung, dass der Beschluss umgesetzt werden
muss." Um eventuelle Probleme zu prüfen, sei ohnehin eine einjährige Evaluierungsphase vorgesehen.
Gehrers Machtwort verhallte ungehört: Die Kärntner ÖVP hat sich Montag klar gegen die Ambulanzgebühr ausgesprochen.
Der Beschluss wurde einstimmig auf einer kurzfristig einberufenen Klubklausur gefasst und soll kommenden Donnerstag beim
VP-Bundesparteivorstand vertreten werden, so Kärntens VP-Chef Georg Wurmitzer zum STANDARD: "Wir befinden uns absolut
auf der Linie der vier Landesräte und fordern die sofortige Rücknahme der Ambulanzgebühr. Es geht hier nicht um ein
Lenkungsinstrument, sondern um eine reine Geldbeschaffungsaktion."
Auch ÖVP-Gesundheitssprecher Erwin Rasinger warnte im "Mittagsjournal" davor, in "ein Fiasko hineinzuschlittern". Von der
Ambulanzgebühr könne nur Bürokratie, aber kein Geld überbleiben. Jetzt müsse man sich "blitzschnell" zusammensetzen
und darüber diskutieren.
Der oberösterreichische Gesundheitslandesrat Walter Aichinger - einer der VP-Landesräte, die sich für die Rücknahme der
Ambulanzgebühr in der derzeitigen Form ausgesprochen haben - sagte im STANDARD-Gespräch: "Der Steuerungseffekt ist
aus meiner Sicht weitgehend weggefallen, weil die Ausnahmen sehr weit gefasst sind. Und damit gibt es auch keinen
Finanzierungseffekt mehr."
Zur Genese der Ambulanzverordnung meinte Aichinger: "Offensichtlich wollte man dem Gesetz jetzt einmal die Zähne ziehen.
Herausgekommen ist zwar ein verwaltungsmäßig großer Tiger, aber in Wirklichkeit beißt er nicht" - da die Gebühr "mit
Sicherheit nicht zur erwarteten Steuerung weg von den Ambulanzen führt", so Aichinger. Der VP-Landesrat verwahrt sich
zudem dagegen, dass die Ärzte entscheiden sollen, wer zahlen muss oder nicht: "In einem Rechtsstaat kann es doch nicht
sein, dass ich auf Basis einer willkürlichen Entscheidung Menschen zur Kasse bitte. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 6. 5. 2001)