Wien - ÖVP und Wirtschaftskammer wollen die Diskussion um berufliche Perspektiven für Frauen nicht ausschließlich auf die Frage des Geldes reduziert sehen. In einer gemeinsamen Pressekonferenz forderten ÖVP-Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat und Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl am Mittwoch anlässlich des morgigen Frauentages, dass man zu einer gesamtheitlichen Betrachtung kommen müsse. Um auf den wirtschaftlichen Wandel und dadurch entstehende neue Chancen reagieren zu können, sei eine Bewusstseinsänderung nötig. Kritik an mangelnden Schutzbestimmungen im Zusammenhang mit dem neuen Kindergeld hielt Rauch-Kallat entgegen, dass der Staat nicht für alles die Verantwortung übernehmen könne. Höhere Zuverdienstgrenze als Chance "Wir stehen als ÖVP für die persönliche Verantwortung", betonte Rauch-Kallat. Am bestehenden Kündigungsschutz für Frauen in Karenz ändere sich gar nichts. Vielmehr solle durch eine höhere Zuverdienstgrenze die Möglichkeit gegeben werden, einen Fuß in der Tür des Betriebs zu lassen: "Natürlich wünschen wir uns, dass sie vor allem in der letzten Phase der Karenz gleitend einsteigen." Überhaupt sollten Schutzbestimmungen dahin gehend durchleuchtet werden, ob sie nicht letztlich Barrieren für Frauen aufbauen. Sie sehe deshalb auch die Forderung nach einem Recht auf Teilzeitarbeit kritisch. Für Rauch-Kallat müsste die geforderte Bewusstseinsbildung ein Anliegen aller Sozialpartner sein, weshalb sie sich dazu einen Runden Tisch beim Wirtschaftsminister wünsche - eine Einladung, die Leitl gerne annehmen will. Längere Karenzzeit für Weiterbildung zu nutzen Leitl sieht Schutzbestimmungen vor allem angesichts des zunehmenden Arbeitskräftemangels für überholt an. Teilzeitkarenz sehe er allerdings als "sehr sinnvolles Mittel", das von der Wirtschaftskammer auch unterstützt werde. Der Wirtschaftskammerpräsident unterstrich in diesem Zusammenhang vor allem die Möglichkeit, Karenzzeiten auch für Weiterbildung zu nutzen. Gemeinsam mit dem Arbeitsmarktservice wolle die Kammer daher bis zum Sommer ein "Wiedereinstiegs-Package" schüren, um Frauen Qualifikationen vor allem im Bereich der Informationstechnologien vermitteln zu können. Die Finanzierung eines derartigen Pilotprojekts würde die Kammer übernehmen. Besondere Bedeutung misst der Wirtschaftskammerpräsident auch der Kinderbetreuung zu. Hier sollte es Kooperationen von Betrieben mit öffentlichen oder Pfarrkindergärten geben, um etwa in Fragen der Öffnungszeiten dieser Einrichtungen bedarfsgerechter agieren zu können. Entsprechende Initiativen sollte der Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) unterstützen. Leasing-Jobs im IT-Bereich als Chance für Frauen? Wesentlich sei auch die Bewusstseinsbildung bei den Eltern, die zu 70 Prozent für die Berufswahl der Jugendlichen ausschlaggebend seien. Hier stelle sich das Problem, dass die Hälfte der Mädchen noch immer in Traditionsberufe mit geringen Perspektiven einsteige. "Die Eltern leben natürlich eine Generation in der Vergangenheit. Sie müssten aber bei der Berufswahl ihrer Kinder eine Generation in die Zukunft denken. Schließlich setzt Leitl auf Tele-Working, um Arbeitskräfte örtlich und zeitlich unabhängig zu machen. In diesem Zusammenhang wies Hannes Schalle, der Geschäftsführer der Fachhochschule für Angewandte Wissenschaften und Technologien in Salzburg, allerdings darauf hin, dass die technischen Möglichkeiten für hochtechnologische Arbeit auch von zu Hause aus erst in den kommenden Jahren wirklich gegeben sein würden. Generell seien die IT-Branchen aber eine große Chance für Frauen, weil es in diesem Bereich bei Einsteigern keine Einkommensunterschiede gebe. (APA)