What does it matter, what you say about people?" - eine Bemerkung aus seinem Umkreis. Das meiste aus seinem Leben ist bekannt. "Fat man or genius?", fragt sich ein anderer, als könnte das eine das andere ausschließen. Fast jeder kennt seine Bewegungen aus dem Dritten Mann . Orson Welles hüpft mit seinem runden Hut von Friedhöfen auf Ringelspiele, versucht, seinen Verfolgern im Wiener Kanalnetz zu entkommen und düpiert alle, auch Alida Valli, die ihm verfallen ist. Jeden Sonntag um 14.30 kann, wer Lust dazu hat, zwei Stunden mit ihm im Burgkino verbringen. Und sich von Anton Karas aufwecken oder in den Schlaf spielen lassen. Carol Reed hatte ihn - bei seinem vermutlich einzigen Heurigenbesuch in Wien - gehört und für den Film engagiert. Carol Reed ist für mich mehr als Graham Greene derjenige, der an dem sicher unwiederholbaren Spektakel The Third Man "schuld" ist, an dieser cineastischen Straßenkreuzung, nach der man jeden Heimweg vergessen kann. Ob er es war, der Orson Welles dazu brachte, den Harry Lime zu spielen? Und Joseph Cotten, der ihn sucht und von dem es in dem Film heißt: "Born to be murdered" oder Trevor Howard als britischer Offizier (später sah ich ihn als Richard Wagner im Apollo-Kino: Ich glaube, Visconti war der Regisseur dieses Ludwig-II.-Films, er schwelgte in föhnbeleuchteten Alpenblicken, genoss offenbar die Gegend, ehe er wieder davonfuhr). Orson Welles: Seine Mutter las ihm schon früh Shakespeare vor, was auch Canetti von sich behauptete, aber Welles war sicher adäquater. Mit siebzig Jahren starb er, eher King Lear als Citizen Kane, in Hollywood. Eines seiner Ziele war "to enter Britain". Orson Welles war 1948 nicht lang in Wien. Die Geisterwelt des österreichischen Inselstaates wäre aber gerade jetzt auf ihn angewiesen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 9. 3. 2001)