Peter Marboe hatte den Absprung gerade noch rechtzeitig geschafft: 1996, als der Diplomat zum Wiener Kulturstadtrat ernannt wurde, war erstmals nach einer Phase der Expansion das Budget für die von ihm verantwortete Auslandskultur gesunken. Zusehends verlor unter Wolfgang Schüssel als Außenminister die eine der drei Säulen der Außenpolitik, wie die Kultur von Vorgänger Alois Mock bezeichnet worden war, an Bedeutung.

Monika Kalista kämpfte die letzten Jahre auf eher verlorenem Posten: Die Sektionsleiterin scheiterte sowohl mit dem Plan, die Kulturabteilung der Botschaft in Moskau zum eigenständigen Kulturinstitut (KI) auszubauen, als auch mit der Überlegung, ein solches in Berlin zu etablieren. Denn das Außenministerium wollte, wird berichtet, kein Signal setzen, dass man Deutschland Frankreich vorziehe. Soll doch das KI in Paris geschlossen, das Gebäude verkauft, die Kulturarbeit von der Botschaft übernommen werden.

Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Vorhabens

Sicher, schon vor längerem wurde das KI in Kairo geschlossen, und die Kulturinstitute in Zagreb und Teheran haben bereits ihre Eigenständigkeit eingebüßt. Aber erst die Pläne bezüglich Paris, der europäischen Kulturhauptstadt schlechthin, mobilisierten Künstler und Intellektuelle, für den Erhalt des Kulturinstitutes einzutreten.

Schließlich gibt es größte Zweifel an der Sinnhaftigkeit der Aktion - trotz der Ankündigung von Außenministerin Benita Ferrero-Waldner, dass die Kulturarbeit alles andere denn eingeschränkt würde, ja dass man sogar das operative Budget erhöhe. Nicht nur deshalb, weil ein Erlös von geschätzten 30 Millionen Schilling geradezu Peanuts sind im Vergleich zu den Gesamtausgaben für die Präsenz Österreichs im Ausland:

"Nestbeschmutzer" oder "Staatskünstler"

Selbstständige Kulturinstitute, die einer eigenen Sektion unterstehen, können sich leichter der politischen Einflussnahme entziehen als Kulturabteilungen der Botschaften. Denn dass man im Außenamt dazu tendiert, ein geschöntes Österreich-Bild zu vermitteln, wurde schon des Öfteren kritisch angemerkt. Botschaften werden daher, steht zu befürchten, noch weniger geneigt sein, regierungskritische Künstler einzuladen.

Aber auch jene, die nicht als "Nestbeschmutzer" gelten, werden sich sträuben, als "Botschafter" Österreichs aufzutreten: Weil sie, wenn sie von einer und für eine Botschaft verpflichtet werden, viel eher als "Staatskünstler" vereinnahmt werden können.

"Verschlafene Stätten" gehören aufgeweckt

Und schließlich: KIs sind mehr oder weniger exterritoriale Gebiete. In diesen konnten sich bisher auch Künstler des jeweiligen Landes artikulieren, die aufgrund der politischen Situation sonst keine Möglichkeit dazu haben. Die Funktion des Kulturinstituts in Warschau vor dem Fall des Eisernen Vorhangs darf nicht unterschätzt werden, und das KI in Istanbul übt eine solche auch heute noch aus.

Zudem hat ein Kulturinstitut wie jenes in Paris einen hohen Symbolwert (der am Ballhausplatz unterschätzt wurde), selbst wenn es, wie so manch anderes KI, derzeit eine "verschlafene Stätte" ist. Eine solche scheint das marode Institut nächst dem Invalidendom aber nur aufgrund seines Leiters zu sein, der kurz vor der Pensionierung steht: Wie Emil Brix, Ex-KI-Leiter in London, oder Klaus Wölfer, KI-Leiter in Rom, bewiesen haben, kann man sehr wohl für weitreichende Beachtung sorgen. Statt das Kind irreversibel mit dem Bade auszuschütten, sollte man daher eine neue Leitung bestellen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10./11. 3. 2001)