Das ist natürlich kein Zeichen für Antisemitismus. Schließlich hat ein Kärntner Landeshauptmann in Wien eine Menge zu erledigen. Und wer mit ihm reden will, kann sich ja an seinen Pressesprecher wenden. Der vereinbart dann einen Termin. Sicher. Wenn es sich ausgeht halt. Bitte. Danke. Und Aus. Echte Österreicher wissen, dass das so ist. Und wenn das bei Ausländern anders läuft, ist das, bitte nicht die Schuld vom Dr. Haider. Und das hat nichts damit zu tun, dass Y. aus Israel kommt. Nein, ganz bestimmt nicht. Schließlich hat Y, ja einen Nachnamen, der aber so was von österreichisch ist, dass das halbe Wiener Telephonbuch um das eigene Wahlrecht bangen müsste. Aber auch wenn Y. s Vorfahren, die irgendwann einmal aus purem Jux und Tollerei Österreich verlassen haben, hier gelebt haben, ändert das nichts daran: Y. kommt aus Israel. Er ist nämlich nicht nur Journalist, sondern auch noch ein Fremder hier. Und als solcher sollte er sich doch, sagte ihm sein Chef, bitte mal ein bisserl den Wahlkampf in Wien anschauen. Und zwar nicht den des Liberalen Forums. Ein typischer Bierkeller Letzten Donnerstag war Y. dann in einem Bierkeller. Er war dort nicht alleine: Die Frau Unterreiner war dort, der Herr Kabas, der Herr Kreißl. Viel Polizei auch. Aber die stand eher auf der Straße herum. Schließlich war Donnerstag. Und da will man eventuell vorbeiziehenden Restdonnerstagsdemonstranten mit Sperrgittern in der Elisabethstraße schon zeigen, dass sie hier nicht erwünscht sind, aber doch bitte kurz stehen bleiben könnten, um die Erwartungshaltung derer, die geradein den Bierkeller gehen, zu erfüllen. Die Demo kommt nicht? Macht nichts. Darüber, was der prophylaktische Polizeieinsatz kostet und das "des G´sindel" das gefälligst zu bezahlen habe ("so a bisserl Arbeitsdienst tät denen eh ganz gut", lacht einer bevor er sein Bier mit dem Freigetränkebon fast selbst bezahlt) lässt sich auch ohne präsentes Demonstrantenvolk gut herziehen. Aber zurück zu Y. Der ist grad ein bisserl baff, wie er da so die Stiegen in den Bierkeller runter kommt. Das liegt aber nur daran, dass einer wie Y. ja schon voreingenommen ist, bevor überhaupt was passiert. Da sieht er dann halt nur die alten Männer, die von "damals" reden. Da hört er halt nur das, was die mit den Schmissen auf der Backe von heute oder morgen sagen. Da fällt ihm halt nur auf, dass auf manchen Wahlkampfplakaten in der Stadt systematisch das Gesicht des einzigen afrikanischen Kandidaten überschmiert wird. Dabei geht es doch gar nicht ums überschmieren. Im Gegenteil: Im Keller werden Plakate gezeigt. Neue Plakate. Schöne Plakate. Plakate, auf denen so wenig Verfängliches draufsteht, dass nicht einmal die von der Ostküste mehr was dagegen sagen könnten. Nur ein kleiner Lacher Aber einer wie Y. interessiert sich nicht für das, was positiv ist. Der will eben nur das Negative wahrnehmen. Denn dass die Leute hier im Keller auch lachen, wenn Jörg Haider nicht über den Herrn M. herzieht, beachtet er nicht. Nicht so, wie sich das für einen objektiven Beobachter gehören würde. Auch, dass Jörg Haider ganz ganz ganz ganz deutlich sagt, dass das "damit" nichts zu tun habe, wenn er einen prominenten Juden öffentlich gleich drauf noch einmal anbrunzt, akzeptiert so einer wie Y. nicht. Und der kleine Lacher, der da von einem der Tische weiter hinten kaum zu hören ist, hat einer Bemerkung am Tisch gegolten. Sicher nicht dem, was vorne gesagt wurde. Man weiß ja, wie unaufmerksam die Leute bei Politikerreden heutzutage sind. Also: Y. weiß das nicht. Will das nicht wissen Aber der ist ja auch keiner von "uns". Drum wird er auch grad ein bisserl blass. Nachher redet dann die Spitzenkandidatin. Aber das ist nicht so wichtig. Haider sitzt an einem Tisch und empfängt. Leute. Alt, ältere, ganz alte. Auch junge. Einen Stapel Autogrammkarten hat er vor sich aufgebaut. Jeder der mit ihm redet, bekommt eine. Der Stapel schmilzt schnell dahin und das einfache Parteimitglied hat seinen Spaß. Ganz besonders lacht er, wenn einer aus seiner Begleitung dem ORF-Kameramann so eine Visitenkarte immer wieder ganz knapp vor die Linse hält. Der ist dann nämlich jedes Mal ganz irritiert und die Leute lachen noch mehr. Ein kleiner Schubbser Die Spitzenkandidatin redet immer noch. Y. will jetzt auch eine Autogrammkarte. Schließlich kriegt man die, wenn man mit Haider geredet hat. Drum geht er jetzt auch rüber zum Haidertisch. Er schaut halt doch nicht ganz so drein, wie die anderen hier. Oder vielleicht ist ja auch nur aufgefallen, dass er sich Notizen gemacht hat. Jedenfalls schubst ihn der Leibwächter zuerst weg. Nicht schlimm, aber doch. "Ich will mit Haider reden", sagt Y. "Wer sind sie", sagt der Muskel. "Ich bin Journalist. Aus Israel." In so einem Fall muss der Muskel fragen. Schließlich sind ja auch genug echte Österreicher da, die mit Haider reden wollen. Und die kommen zuerst. Denen ist Haider verpflichtet. Drum winkt er auch ganz schnell ab, als ihm der Muskel das mit Israel ins Ohr flüstert. Die nächste halbe Stunde gehört weiter "unseren" Leuten Y. lächelt. Er hat nichts anderes erwartet. Allein das zeugt schon von seiner vorurteilsbehafteten Einstellung. Dann geht er. Das mit dem Interviewterminausmachen, erzählt eine andere Journalistin nachdem Y. weg ist, sei nicht so einfach. Weil angeblich in der FPÖ bei der Erwähnung des Namens jener Zeitung, für die Y. arbeitet immer aufgelegt wird. Mit Antisemitismus hat das aber nichts zu tun. Ganz bestimmt.