Als eine "historische Weichenstellung" hinsichtlich der Einführung von privatem Fernsehen in Österreich hat Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) am Dienstag beim Pressefoyer nach der Regierungssitzung den Beschluss des Punktation des Privatfernsehgesetzes 2001 bezeichnet. In diesem soll die Einführung eines dritten österreichischen terrestrischen TV-Programms festgeschrieben werden. Angestrebt wird ein Versorgungsgrad von 70 Grad unter Nutzung der dritten Frequenzkette. Aufbau eines "Frequenzpools" Darüber hinaus regelt das Privat-TV-Gesetz auch die Vergabe von regionalem terrestrischen TV sowie bundesweitem digitalen Fernsehen. Regionales oder lokales Privat-TV soll möglich werden, wenn nach Vergabe einer bundesweiten Frequenz noch Kapazitäten auffindbar sind. Für digitales terrestrisches Fernsehen wird der Aufbau eines "Frequenzpools" geplant. Auch Frequenzen der dritten Kette können demnach vorübergehend "einer technischen Verifikatoin auf ihre Geeignetheit für digitales Fernsehen" unterzogen werden. Nötig sei dafür unter anderem die Einrichtung der Plattform für digitales Fernsehen, so Schüssel. Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer (F) sieht mit dem Privatfernsehgesetz 2001 den "endgültigen Abschied vom ORF-Monopol". Gegen dieses Monopol hätten die Freiheitlichen seit Jahren angekämpft. Künftig werde es damit auch im TV-Bereich Meinungsvielfalt geben. Laut Punktation muss das dritte terrestrische Fernsehen einen Österreich-Bezug im Programm haben. Maßgeblich soll auch der Anteil an eigengestaltetem Programm sein. Darüber hinaus zählt auch der erreichte Bevölkerungsanteil und die "Gewähr für größere Meinungsvielfalt" zu den Auswahlkriterien. Schüssel ging davon aus, dass die Weichenstellung in Richtung Privatfernsehen in der ersten Hälfte des Jahres 2002 Platz greifen werde. Im Gesetz ist festgelegt, dass die lizenzierten Sender innerhalb von zwölf Monaten nach Erteilung der Zulassung ihren Sendebetrieb aufnehmen müssen. Der vorgesehene Versorgungsgrad muss binnen 15 Monaten erreicht werden. Die Ausschreibung hat darüber hinaus so zu erfolgen, dass die Zulassung bis Anfang 2002 erteilt werden kann. Für den angepeilten 70-prozentigen Versorgungsgrad des österreichweiten Veranstalters ist laut Punktation neben der Verbreitung via Antenne auch die Kabelversorgung heranzuziehen. Eine wesentliche Änderung in der Gesellschafterstruktur des Betreibers (50 Prozent) soll zu einer Neuausschreibung der Lizenz führen. Beteiligungsbeschränkungen Für Medienunternehmer sind Beteiligungsbeschränkungen an Privat-TV-Unternehmern geplant, die jedoch weit gefasst sind. So schließt eine bundesweite Zulassung eine nicht-bundesweite Lizenz aus und umgekehrt. Ein Verbot, sich als Veranstalter von analogem terrestrischen TV zu betätigten, soll für jene Medienunternehmen gelten, "die in zumindest mehr als einem Medienmarkt (Radio, Kabelnetzinfrastruktur, Tagespresse und Wochenpresse, Satellitenfernsehen) eine überragende Marktposition einnehmen". Unklar ist noch, ob dieser Regelung zufolge TV-Aktivitäten der "Kronen Zeitung" erlaubt wären. (APA)