Wien/Salzburg - Das Gesundheitsministerium reagiert jetzt auf die vom Standard aufgezeigte Affäre rund um klinische Tests von Arzneimitteln an in geschlossenen Abteilungen untergebrachten Psychiatriepatienten. Eine Ministeriumssprecherin kündigte einen neuen Erlass an. In diesem solle die schon jetzt im Arzneimittelgesetz festgeschriebene Rechtslage, nach welcher Medikamentenversuche an zwangsweise untergebrachten Personen absolut unzulässig sind, nochmals bekräftigt werden. Damit wäre eine wichtige Forderung des Vereines für Sachwalter- und Patientenanwaltschaft erfüllt. Mit dem Erlass will das Ministerium erreichen, dass die eindeutige Rechtslage den Medizinern auch bewusst wird. Eigentlich wäre das aber gar nicht nötig: Zumindest der Salzburger Klinikleitung müsste spätestens seit 1998 klar gewesen sein, dass sie sich mit den Versuchen nicht mehr auf dem Boden des Arzneimittelgesetzes befand. Grundsätzlich geht man im Gesundheitsministerium davon aus, dass die Mediziner auch rechtliche Konsequenzen zu erwarten hätten. Allerdings müsse man erst prüfen, ob die neun dokumentierten Fälle aus Salzburg und Linz nicht schon verjährt seien. Die Salzburger Patientenanwälte Günter Fißlthaler und Peter Sönser, die mit ihren Recherchen und mehreren Gerichtsverfahren die illegalen Tests aufdeckten, sind noch nicht ganz zufrieden. Sie verlangen eine lückenlose Offenlegung aller Studienreihen, die seit Inkrafttreten des Unterbringungsgesetzes 1991 durchgeführt wurden. Mehr Transparenz Transparenz verlangen Sönser und Fißlthaler auch bei jenen Studien, mit deren Hilfe die Wirkungsweise der Elektrokonvulsivtherapie (ECT) erforscht werden solle. "Die Ärzte sollen das Studiendesign offen legen", verlangen die Patientenvertreter. Vor allem soll auch geklärt werden, ob sich alle Patienten tatsächlich freiwillig an dem Forschungsprojekt beteiligten. Aus einer Anfragebeantwortung von Spitalslandesrätin Maria Haidinger (ÖVP) geht hervor, dass allein in Salzburg 50 Patienten in eine derartige Untersuchung eingebunden waren. Das Gesundheitsministerium prüft nun die Zulässigkeit solcher Studien an zwangsweise angehaltenen Patienten. (DER STANDARD, Printausgabe, 16.3.2001)