Wien- Bernhard Görg hatte großes Glück. Denn der Zeitpunkt seines Abgangs war vortrefflich gewählt. Ein paar Minuten länger und es hätte wahrscheinlich auch den Vizebürgermeister erwischt. Bei der Eröffnung der Ausstellung "Neugestaltung Wipplingerstraße" bekamen am Mittwoch die Bezirks- und Gemeindevertreter den Zorn der geladenen Anrainer zu spüren.Wandlung zur belebten Einkaufsmeile Geht es nach den Planern, so soll die Wipplingerstraße, die Verbindung zwischen Kohlmarkt/Tuchlauben und Schottenring, eine Wandlung zur belebten Einkaufsmeile durchmachen. Noch heuer. Gesamtkosten: 23 Millionen Schilling. Die Prioritäten sind: Fußgängerfreundlichkeit, breitere Gehsteige, blühendes Wirtschaftstreiben, im unteren Abschnitt (Börse) sogar Begrünung - und weniger Verkehr. Erste erboste Zwischenrufe: "Wollen S' die Autos wegzaubern? Des geht doch bitte ned!" Aber ja, würde schon gehen, waren sich Noch-Bezirksvorsteher Richard Schmitz und seine Gesprächspartner von den zuständigen Magistratsabteilungen einig. Viel Gehsteig bedeute eben wenig Straße. Um die Contenance der bisher Zuhörenden war es daraufhin schlecht bestellt: "Ja, san sie denn narrisch? Des is ja absurd!", echauffierte sich ein Herr mittleren Alters, und bekam aus der letzten Reihe sogleich weibliche Unterstützung: "Das wird eine Einkaufsstraße mit Dauerstau." Beschränkung für Schwer-Lkw Eine Beschränkung für Schwer-Lkw sei ohnehin geplant, versuchten die Präsentatoren das Publikum zu beschwören. "Und wo bleiben die Busse, die Zulieferer und die Müllabfuhr stehen?", wollten die Anrainer wissen. Antwort: auf der Fahrbahn. Der Verkehr soll auf diese Weise zurückgedrängt werden - Fassungslosigkeit im Auditorium. Denn die Fahrbahn soll teils weiterhin einspurig sein. Dass die düstere Wipplingerstraße eine Spezialbeleuchtung erhalten und keiner der 211 Parkplätze verloren gehen würde, konnte die Stimmung in keinster Weise heben. Die zwei geplanten Tiefgaragen ebenfalls nicht. Informationsausstellung im Alten Rathaus , 1010, Wipplingerstraße 8, noch bis 23. März, Mo-Do 8-18, Fr 8-15.30 (Andreas Tröscher, DER STANDARD Print-Ausgabe 16. März 2001)