Inland
Rot-Grün wäre "zum Erfolg verurteilt"
Der Verkauf von „klassischen“ Gemeindewohnungen ist eine Koalitionsfrage für Michael Häupl
Standard: Derzeit kursieren
Scherz-Mails, dass die Wahlhelfer aller Parteien mit Pro
dukten de Firma Bständig
ausgestattet werden. Ist das
nicht bezeichnend für den
Verlauf des Wahlkampfes?
Häupl:
Bständig-Produkte
sind ja auch für jene, die sich
etwa beim ständigen Laufen
Verletzungen zugezogen haben. Und das kann ich mir bei
den SP-Wahlhelfern gut vorstellen. Aber zum ersten Hintergrund: Man hat befürchtet,
dass es zum großen Skandalwahlkampf kommen wird.
Und diese Elemente hat es ja
gegeben. Verantwortlich
zeichnen wieder einmal Jörg
Haider und Leute wie Herr
Westenthaler. Was neu ist,
dass das Politikelement des
Antisemitismus hinein kam.
Was Haider da hineingebracht hat, halte ich für politisch absolut verurteilenswürdig.
Standard:
Diese Worte haben aber auch vieles überdeckt. Eine inhaltliche Diskussion war kaum möglich.
Häupl:
Das ist das, was ich
bedauere. Aber man kann an
bestimmten Politikelementen wie Rassismus und Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit nicht vorüber
gehen. Dazu kann man nicht
schweigen. Schweigen
überlasse ich anderen.
Standard:
Können Sie garantieren, dass es in der SPÖ keine Antisemiten gibt?
Häupl:
Das kann ich nicht,
weil das kein Mensch für seine Partei garantieren kann.
Aber das das auch nur annähernd einen Funken einer
Lautstärke in der Partei hat,
das garantiere ich. Das gibt es
in der SPÖ nicht.
Standard:
Die SPÖ ist mit ihrem Themenprogramm im
Wahlkampf nicht wirklich
durchgekommen.
Häupl:
Ich glaube schon.
Standard:
Die SPÖ hat ihren
Teil dazu getan, dies zu überdecken und hat Bundesthemen forciert.
Häupl:
Das sind ja auch inhaltliche Themen. Die Versäumnisse in der Verkehrsinfrastruktur, die Kürzungen
im Wissenschaftsbereich, die
Ambulanzgebühr, die Kaufkraftabschöpfung durch die
Pensionskürzungen und
Besteuerung der Unfallrenten - das sind Themen, die
diese Stadt betreffen.
Standard:
Die Forderungen
zur Verkehrsinfrastruktur
haben die Landeshauptleute
der Ostregion schon vor Jahren von SP-Ministern gefordert, aber nicht rasend erfolgreich.
Häupl:
Das mag sein. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass wir sie um so lautstärker einfordern müssen.
Standard:
Was aber will die
SPÖ in der Stadt in den
nächsten fünf Jahren verändern?
Häupl:
Im Wesentlichen
müssen sich zwei Dinge ändern: Die Frage der distanzierten Haltung zu Wissenschaft, Forschung und Technologie. Diese Stadt muss zu
einer des Wissens, der Wissenschaft und der Technologie werden. Und zweitens
müssen wir brechen mit einer
Ideologie der Fremdenfeindlichkeit und der Xenophobie,
die im Widerspruch zu realen
Bedürfnissen der Ökonomie
steht.
Standard:
Was bedeutet das
konkret für die Zuwanderungsquoten?
Häupl:
Man muss teilen zwischen Wirtschaftszuwanderern, die wir jetzt schon in
verschiedenen Branchen
dringend brauchen. Und bei
den Asylsuchenden muss
man zu einer Lösung kommen, die der humanitären
Tradition entspricht. Es muss
jenen geholfen werden, die
um Leib und Leben fürchten
müssen und zwar ohne riesen
Theater.
Standard:
Zur Koalitionsbildung: Gibt die SPÖ eine Gemeindewohnungsgarantie?
Werden keine verkauft?
Häupl:
Gemeindewohnungen werden in Wien nicht
verkauft. Und zwar beim
klassischen Gemeindebau.
Wien hat ja darüber hinaus
eine ganze Reihe von Immobilien. Da kann man sich allemal ein paar Dinge überlegen. Aber ich bin bereit, der
ÖVP entgegen zu kommen:
Wir machen eine Befragung
bei den Bewohnern von Gemeindewohnungen und
schauen, was dabei heraus
kommt.
Standard:
Wenn die ÖVP auf
einen Gemeindewohnungsverkauf besteht - ist das eine
Koalitionsfrage?
Häupl:
Ich werde sicher keine Bedingungen vor Verhandlungen stellen. Aber
man kann davon ausgehen,
dass die SPÖ von Eckpunkten
ihres Programms nicht abweicht.
Standard:
Ist die Gemeindewohnungsfrage so ein Eckpunkt?
Häupl:
Die Gemeindewohnungsfrage ist im Kern -
nämlich bei den klassischen
Gemeindewohnungen - ein
solcher Eckpunkt.
Standard:
Wird das zurückholen des
Kulturressorts eine Koalitionsfrage sein?
Häupl:
Aber am liebsten wäre
es mir, die SPÖ könnte wieder alle Ressorts besetzen.
Auch wenn ich die Arbeit des
Peter Marboe durchaus
schätze.
Standard:
Was würde die
SPÖ anders gestalten, wenn
sie das Kulturressort wieder
hätte?
Häupl:
Der wesentliche Unterscheidungspunkt ist vielleicht der Zugang zur modernen Kunst. Insbesondere zur
jungen, modernen elektronischen Kunst. Oder wie ich
mit Einrichtungen wie „public netbase“ umgehe. Da ist
mit dem Anspruch weniger
Parteipolitik in de Kultur
ganz schön gebrochen worden.
Standard:
In Richtung Grüne:
Sind Garagenbau und Nord-Ostumfahrung so ein Eckpunkt für Koalitionsverhandlungen?
Häupl:
Der Garagenbau ist
eine conditio sine qua non. Darüber brauchen wir gar nicht nachdenken - wir haben
pro Jahr rund 12.000 Autos mehr in der Stadt.
Ich gehe nicht davon aus das
jemand auf ein Verbot des
Kraftfahrzeughandels besteht. Daher hat man Stellplätze zu schaffen. Die Nordost-Umfahrung ist eine Entscheidung, die nicht unmittelbar ansteht. Aber wir bekennen uns dazu.
Standard:
Könnte man sich
erst einmal für fünf Jahre einigen und dann über die
Nordost-Umfahrung weiter
reden?
Häupl:
Das ist eine Denkmöglichkeit.
Standard:
Die Grünen treten
an, dass sie Veränderung
wollen ist das ein reizvoller
Ansatz in der Koalitionsfrage
- dass sich da vielleicht mehr
tun würde?
Häupl:
Das sind ja lauter
Schönbilder. Wortgeklingel.
Da geht’s nicht darum, wer
die besseren Leeformeln und
hohlen Phrasen findet, sondern um ganz konkrete und
pragmatische Zusammenarbeit, um knallhartes professionelles Politmanagement.
Ein allfälliges rot-grünes Experiment in Wien ist ja extrem zum Erfolg verdammt.
Wenn das scheitern sollte,
scheitert ja ein ganzes mögliches politisches Konzept für
die Republik.
Standard:
Wenn nach dem
nächsten Sonntag Michael
Häupl wieder Bürgermeister
wird. Wird er das fünf Jahre
lang bleiben?
Häupl:
Um gleich die dahinter stehende Frage zu beantworten: Der Michael Häupl
geht nicht - NICHT - in die
Bundespolitik.
Standard:
Und wird auch
kein Bundespräsidentschafts-Kandidat sein?
Häupl:
Das ist ja noch absurder. Michael Häupl geht NICHT in
die Bundespolitik.
Standard:
Warum eigentlich
nicht?
Häupl:
Ich bin wahnsinnig
gern Bürgermeister. Und ich
habe mir geschworen, nur
Ämter anzunehmen, von denen ich überzeugt bin, dass
ich sie auch kann und von
denen ich weiß, dass sie mir
Spaß machen.
Standard:
Könnten wir das
bei einem Notar hinterlegen?
Häupl:
Also da muss man
sich auf mein Wort verlassen.
Ich brauch’ keinen Notar. Read my lips.