Standard: Derzeit kursieren Scherz-Mails, dass die Wahlhelfer aller Parteien mit Pro dukten de Firma Bständig ausgestattet werden. Ist das nicht bezeichnend für den Verlauf des Wahlkampfes? Häupl: Bständig-Produkte sind ja auch für jene, die sich etwa beim ständigen Laufen Verletzungen zugezogen haben. Und das kann ich mir bei den SP-Wahlhelfern gut vorstellen. Aber zum ersten Hintergrund: Man hat befürchtet, dass es zum großen Skandalwahlkampf kommen wird. Und diese Elemente hat es ja gegeben. Verantwortlich zeichnen wieder einmal Jörg Haider und Leute wie Herr Westenthaler. Was neu ist, dass das Politikelement des Antisemitismus hinein kam. Was Haider da hineingebracht hat, halte ich für politisch absolut verurteilenswürdig. Standard: Diese Worte haben aber auch vieles überdeckt. Eine inhaltliche Diskussion war kaum möglich. Häupl: Das ist das, was ich bedauere. Aber man kann an bestimmten Politikelementen wie Rassismus und Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit nicht vorüber gehen. Dazu kann man nicht schweigen. Schweigen überlasse ich anderen. Standard: Können Sie garantieren, dass es in der SPÖ keine Antisemiten gibt? Häupl: Das kann ich nicht, weil das kein Mensch für seine Partei garantieren kann. Aber das das auch nur annähernd einen Funken einer Lautstärke in der Partei hat, das garantiere ich. Das gibt es in der SPÖ nicht. Standard: Die SPÖ ist mit ihrem Themenprogramm im Wahlkampf nicht wirklich durchgekommen. Häupl: Ich glaube schon. Standard: Die SPÖ hat ihren Teil dazu getan, dies zu überdecken und hat Bundesthemen forciert. Häupl: Das sind ja auch inhaltliche Themen. Die Versäumnisse in der Verkehrsinfrastruktur, die Kürzungen im Wissenschaftsbereich, die Ambulanzgebühr, die Kaufkraftabschöpfung durch die Pensionskürzungen und Besteuerung der Unfallrenten - das sind Themen, die diese Stadt betreffen. Standard: Die Forderungen zur Verkehrsinfrastruktur haben die Landeshauptleute der Ostregion schon vor Jahren von SP-Ministern gefordert, aber nicht rasend erfolgreich. Häupl: Das mag sein. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass wir sie um so lautstärker einfordern müssen. Standard: Was aber will die SPÖ in der Stadt in den nächsten fünf Jahren verändern? Häupl: Im Wesentlichen müssen sich zwei Dinge ändern: Die Frage der distanzierten Haltung zu Wissenschaft, Forschung und Technologie. Diese Stadt muss zu einer des Wissens, der Wissenschaft und der Technologie werden. Und zweitens müssen wir brechen mit einer Ideologie der Fremdenfeindlichkeit und der Xenophobie, die im Widerspruch zu realen Bedürfnissen der Ökonomie steht. Standard: Was bedeutet das konkret für die Zuwanderungsquoten? Häupl: Man muss teilen zwischen Wirtschaftszuwanderern, die wir jetzt schon in verschiedenen Branchen dringend brauchen. Und bei den Asylsuchenden muss man zu einer Lösung kommen, die der humanitären Tradition entspricht. Es muss jenen geholfen werden, die um Leib und Leben fürchten müssen und zwar ohne riesen Theater. Standard: Zur Koalitionsbildung: Gibt die SPÖ eine Gemeindewohnungsgarantie? Werden keine verkauft? Häupl: Gemeindewohnungen werden in Wien nicht verkauft. Und zwar beim klassischen Gemeindebau. Wien hat ja darüber hinaus eine ganze Reihe von Immobilien. Da kann man sich allemal ein paar Dinge überlegen. Aber ich bin bereit, der ÖVP entgegen zu kommen: Wir machen eine Befragung bei den Bewohnern von Gemeindewohnungen und schauen, was dabei heraus kommt. Standard: Wenn die ÖVP auf einen Gemeindewohnungsverkauf besteht - ist das eine Koalitionsfrage? Häupl: Ich werde sicher keine Bedingungen vor Verhandlungen stellen. Aber man kann davon ausgehen, dass die SPÖ von Eckpunkten ihres Programms nicht abweicht. Standard: Ist die Gemeindewohnungsfrage so ein Eckpunkt? Häupl: Die Gemeindewohnungsfrage ist im Kern - nämlich bei den klassischen Gemeindewohnungen - ein solcher Eckpunkt. Standard: Wird das zurückholen des Kulturressorts eine Koalitionsfrage sein? Häupl: Aber am liebsten wäre es mir, die SPÖ könnte wieder alle Ressorts besetzen. Auch wenn ich die Arbeit des Peter Marboe durchaus schätze. Standard: Was würde die SPÖ anders gestalten, wenn sie das Kulturressort wieder hätte? Häupl: Der wesentliche Unterscheidungspunkt ist vielleicht der Zugang zur modernen Kunst. Insbesondere zur jungen, modernen elektronischen Kunst. Oder wie ich mit Einrichtungen wie „public netbase“ umgehe. Da ist mit dem Anspruch weniger Parteipolitik in de Kultur ganz schön gebrochen worden. Standard: In Richtung Grüne: Sind Garagenbau und Nord-Ostumfahrung so ein Eckpunkt für Koalitionsverhandlungen? Häupl: Der Garagenbau ist eine conditio sine qua non. Darüber brauchen wir gar nicht nachdenken - wir haben pro Jahr rund 12.000 Autos mehr in der Stadt. Ich gehe nicht davon aus das jemand auf ein Verbot des Kraftfahrzeughandels besteht. Daher hat man Stellplätze zu schaffen. Die Nordost-Umfahrung ist eine Entscheidung, die nicht unmittelbar ansteht. Aber wir bekennen uns dazu. Standard: Könnte man sich erst einmal für fünf Jahre einigen und dann über die Nordost-Umfahrung weiter reden? Häupl: Das ist eine Denkmöglichkeit. Standard: Die Grünen treten an, dass sie Veränderung wollen ist das ein reizvoller Ansatz in der Koalitionsfrage - dass sich da vielleicht mehr tun würde? Häupl: Das sind ja lauter Schönbilder. Wortgeklingel. Da geht’s nicht darum, wer die besseren Leeformeln und hohlen Phrasen findet, sondern um ganz konkrete und pragmatische Zusammenarbeit, um knallhartes professionelles Politmanagement. Ein allfälliges rot-grünes Experiment in Wien ist ja extrem zum Erfolg verdammt. Wenn das scheitern sollte, scheitert ja ein ganzes mögliches politisches Konzept für die Republik. Standard: Wenn nach dem nächsten Sonntag Michael Häupl wieder Bürgermeister wird. Wird er das fünf Jahre lang bleiben? Häupl: Um gleich die dahinter stehende Frage zu beantworten: Der Michael Häupl geht nicht - NICHT - in die Bundespolitik. Standard: Und wird auch kein Bundespräsidentschafts-Kandidat sein? Häupl: Das ist ja noch absurder. Michael Häupl geht NICHT in die Bundespolitik. Standard: Warum eigentlich nicht? Häupl: Ich bin wahnsinnig gern Bürgermeister. Und ich habe mir geschworen, nur Ämter anzunehmen, von denen ich überzeugt bin, dass ich sie auch kann und von denen ich weiß, dass sie mir Spaß machen. Standard: Könnten wir das bei einem Notar hinterlegen? Häupl: Also da muss man sich auf mein Wort verlassen. Ich brauch’ keinen Notar. Read my lips.