"Ich arbeite immer von den Grenzlinien mehrerer sich verschiebender Kategorien. Ich weite die Grenzen der Dinge aus, lerne über meine eigenen Beschränkungen und wie sie zu verändern sind," beschreibt die Filmemacherin Trinh T. Minh-ha ihre Arbeitsweise. Die Filme und theoretischen Werke von Trinh T. Minh-ha vermischen verschiedene Schreib- und Erzählformen; Trinh T. Minh-has Widerstand gegen Kategorisierungen und Begrenzungen, wird quer durch Ethnizitäten und Kulturen ausgetragen. In der Secession zeigt sie fünf Filme und gibt Einblick in ihre Publikationen der vergangenen Jahre. Ihr erstes Buch Un Art sans Oeuvre (1981) enthält ein Kapitel, das die Arbeiten von Jacques Derrida und Antonin Artaud zu Texten des Zenbuddhismus in Beziehung setzt. An die Stelle einer Interdisziplinarität, die zumeist die Beschränkungen der Bereiche intakt lässt und sich in deren bloßer Addition erschöpft, setzt sie offen definierte Felder mit zufällig oder strategisch gezogenen und stets beweglichen Grenzen. Und an die Stelle einer Sprache, die durch Kategorisierungen eindeutige Identitäten produziert, setzt sie in ihren Texten wie in ihren Filmen ein Sprechen, "das sich selbst reflektiert und einem Subjekt sehr nahe kommen kann, ohne sich seiner zu bemächtigen; ein Sprechen, das, sobald es abgeschlossen ist, lediglich Momente eines Übergangs aufweist, die wiederum weitere mögliche Momente eines Übergangs ermöglichen." Es geht Trinh T. Minh-ha weder in ihren Filmen noch in ihrer theoretischen Auseinandersetzung darum, Grenzen zu leugnen oder zu verwischen: "Für mich ist die Frage der Hybridität oder der kulturellen Differenz nie eine Frage der aufgehobenen Grenzen gewesen. Wir erfinden permanent Grenzen, aber diese Grenzen, die politisch, strategisch oder taktisch sein können - wie die Umstände es gerade erfordern, und verschiedene Umstände erzeugen jedesmal eine andere Art von Grenze -, sollten nicht als Selbstzweck begriffen werden. Die Idee des nomadischen Ichs, die in unserer Zeit neuen Auftrieb bekommen hat, ist hier sehr relevant. Das dislozierte Ich oder das erschaffen-werdende Ich wird heute herangezogen, um die Veränderungen und Brüche bei der Konstruktion und Zerstörung von Identitäten zu erklären, und dafür braucht es spezifische, aber mobile Grenzen. Zum Beispiel, wann nenne ich mich eine Feministin, wann bezeichne ich mich nicht als Feministin, wann betrachte ich mich als Teil des Ostens, und wann sage ich, dass in mir auch der Westen ist? Wenn ich über den Westen spreche, spreche ich nicht über irgendeine Realität, die außerhalb von mir liegt. Es geht nicht darum, Grenzen zu verwischen oder sichtbar zu machen. Es geht darum, sie zu verschieben, sobald sie anfangen, zu Einschränkungen zu werden (...)." BIOGRAFIE Trinh T. Minh-ha, Filmemacherin, Autorin und Musikerin. Geboren in Vietnam, emigrierte 1970 nach Amerika. Lebte und unterrichtete in Paris von 1974 bis 1975, in Dakar (Senegal) 1977 bis 1980. Studierte Musik und Komposition sowie Französische Literatur und Musikethnologie in Vietnam, auf den Philippinen, in Frankreich und in den USA. Zahlreiche Publikationen: u.a. "Woman, Native, Other" (Writing Postcoloniality and Feminism) 1989, "When the Moon Waxes Red" (Representation, Gender and Cultural Politics) 1991, "Framer Framed (Filmscripts and Interviews) und Mitherausgeberin von "Out There: Marginalisation in Contemporary Culture", 1990. Trinh T. Minh-ha unterrichtet Women´s Studies an der University of California, Berkeley und Film an der San Francisco State University.