Inland
"Muzicant soll nachdenken, warum er kritisiert wird"
Haider greift zum Wahlkampfschluss Präsidenten der Kultusgemeinde und Bürgermeister Michael Häupl an
Wien - Vor rund 2.500 Menschen haben die Wiener
Freiheitlichen am Donnerstagabend mit einer Kundgebung am
Viktor-Adler-Markt in Wien-Favoriten den offiziellen Schlusspunkt
unter ihren Gemeinderatswahlkampf gesetzt. Hauptredner war der
Kärntner Landeshauptmann und frühere FP-Chef Jörg Haider, der seine
Partei als einzige Alternative zur "rot-schwarz-grünen
Einheitspartei" präsentierte. Scharfe Kritik richtete er gegen den
Wiener Bürgermeister und SP-Spitzenkandidaten Michael Häupl und
neuerlich gegen den Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde,
Ariel Muzicant: Dieser sei "kein patriotischer Österreicher" sondern
habe seine Verpflichtung gegenüber dem eigenen Land "gröblich
missachtet".
Begleitet wurde die Veranstaltung von den Pfiffen und Buhrufen von
rund 100 Demonstranten. "Jene, die gewaltsam ständig gegen uns
vorgehen, denen kann ich nur empfehlen, sie sollen endlich etwas
arbeiten, statt gegen uns zu demonstrieren, dann würden sie nicht den
Österreichern auf der Tasche liegen", rief Haider seinen Gegnern zu.
Auch der Wiener FP-Chef Hilmar Kabas forderte ein Ende des
"Missbrauchs des Demonstrationsrechts", Vizekanzlerin Susanne
Riess-Passer sah in den "Freunden da hinten" einen Teil des
"rot-grünen Chaos", gegen das sich die Wiener am Sonntag entscheiden
sollten. Spitzenkandidatin Helene Partik-Pable meinte, die
Demonstranten sollten "Demokratie lernen".
"Kein patriotischer Österreicher"
Haider sagte in Richtung Muzicant "er soll einmal nachdenken,
warum er von mir kritisiert wird", wenn jemand im Ausland von
"fürchterlichen Zuständen" und davon spreche, dass Juden wieder
angespuckt würden, dann gelte: "So jemand ist kein patriotischer
Österreicher, sondern so jemand hat seine Verpflichtung gegenüber dem
eigenen Land gröblich missachtet." Dies gelte auch für "den
Gruselbauer", SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer: "Nur wenn man als
Österreicher für das eigene Land einsteht, dann ist man etwas wert
als Politiker."
Haider bekräftigte auch seine Kritik daran, dass Häupl den
US-Politikberater Stanley Greenberg nach Wien geholt habe: "Den holt
er also aus einem Teil Amerikas, ich habe Ostküste gesagt, aber das
ist ja angeblich nicht mehr zulässig - er holt ihn aus jenem
unaussprechlichen Gebiet nach Wien, damit er ihn berät." Häupl sei
aber gesagt: "Wenn Du heute noch nicht weißt, wo es in Wien fehlt,
wird das auch nicht der Herr Greenberg erklärten können, der ist ein
Experte im Lewinsky-Skandal (Greenberg war Berater des früheren
US-Präsident Clinton, Anm.), aber nicht für Wiener Probleme."
Vorbild Kärnten
Inhaltlich präsentierte Haider sein Bundesland Kärnten als
Vorbild. Dort sei die Parteibuchwirtschaft abgeschafft worden, dort
sei das Kindergeld eingeführt worden. Die Sozialdemokraten hingegen
hätten keine Vision mehr für Österreich, "das Einzige was sie noch
haben, sie haben ein paar gewalttätige Demonstranten, die alles krumm
und klein schlagen". Die Freiheitlichen hätten auch Privilegien
bekämpft. Die SPÖ hingegen habe mit Viktor Klima den "teuersten
Arbeitslosen" in ihren Reihen, der sich nach Argentinien
"vertschüsst" habe. "Und nicht einmal Geld hat er dagelassen, damit
für den Grolli Hundefutter gekauft werden kann." Offenbar habe Häupl
ähnliche Pläne, wenn er davon spreche, bei Verlusten für die SPÖ
zurückzutreten. Vielleicht wolle er auch nach Argentinien, "dort
reisen ja momentan - nachdem sich früher die alten Nazis
hingeflüchtet haben - alle unbrauchbar gewordenen Sozialisten hin".
Und noch einmal zu Häupl, unter Anspielung auf eine Fotomontage eines
Magazins: "Ich bin als Teufel immer noch fescher als der Häupl."
Vizekanzlerin FPÖ-Chefin Susanne Riess-Passer sagte, bei der Wahl am Sonntag gebe es
zwar fünf Parteien, aber nur zwei Alternativen: das "rot-grüne Chaos"
oder Unterstützung für die FPÖ, die gegen dieses Chaos auftrete. Zu
VP-Spitzenkandidat Bernhard Görg "fällt mir nicht viel ein", so
Riess-Passer. Sie erinnerte auch daran, dass Görg den FP-Klubchef
Peter Westenthaler einen "Proleten" genannt hatte: "Lieber sind mir
Proleten mit Gesinnung, als jemand, der immer nur dem Herrn Häupl die
Räuberleiter macht und dann so tut, als hätte er eine eigene
Meinung."
Strenge Strafen
Die FP-Chefin bekräftigte die freiheitliche Forderung nach
strengeren Strafen und auf der anderen Seite mehr Schutz für
Verbrechensopfer. Dies bedeute auch "lebenslang für Drogendealer und
Kinderschänder". Riess-Passer wandte sich auch gegen die Beteiligung von
Oppositions-Spitzenpolitikern wie Alexander Van der Bellen, Madeleine
Petrovic und Alfred Gusenbauer an Demonstrationen. Die Vizekanzlerin:
"Wir wollen eine ordentliche Demokratie haben und keine Radaubrüder,
die da die Wiener Bevölkerung belästigen."
Die "Sozialisten" glaubten, das Land gehöre ihnen, so
Riess-Passer, "und darauf werden wir ihnen eine Antwort geben". Sie
erwarte eines, rief sie den im Regen stehenden Teilnehmern der
Kundgebung zu: "Ihr könnt sicher sein, am Sonntag wird der Himmel
über Wien blau sein."
Spitzenkandidatin Helene Partik-Pable berichtete, sie sei bei
einer ihrer Wahlveranstaltungen angepöbelt worden, es sei ihr
nachgerufen worden: "Raus aus dem Markt." Partik-Pable: "Das hats
einmal gegeben in Österreich, aber solche Zeiten wollen wir nicht
wieder haben." Und weiter: "Wenn die Menschen einmal nicht mehr
irregeführt werden, dann werden sie auch Demokratie lernen." Sie
berichtete auch, dass am vergangenen Freitag bei einer Kundgebung am
Stephansplatz von sogenannten "Gutmenschen" Plakate mit der
Aufschrift "Tötet Haider" getragen worden seien: "Ich glaube ganz
einfach, dass dieses Klima so angeheizt wird von den Linken, dass wir
uns das ganz einfach nicht mehr bieten lassen sollen."
"Froh, dass ich Haider habe"
Partik-Pable begründete auch, warum sie wiederholt mit dem
früheren FP-Chef Jörg Haider aufgetreten ist. Haider sei ein
"außerordentlich beliebter" und tüchtiger Politiker, wenn Häupl einen
eben solchen früheren Parteivorsitzenden hätte, würde er vermutlich
auch mit ihm auftreten: "Mir ist er den Jörg Haider neidig und
spottet mich dafür aus, aber ich bin froh, dass ich den Jörg Haider
habe, und sie wahrscheinlich auch."
Haider selbst sagte dazu, die Gegner der FPÖ hätten schon auf
einen Absturz der Partei nach seinem Abgang als Parteichef gehofft.
"Aber das gibt es nicht, denn wir halten zusammen und ihr seht: Ich
bin wieder da." Es sei dem SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer und der SPÖ
auch nicht gelungen, ihn durch die "Spitzelaffäre, die sie
angezettelt haben", wegzubringen: "So einfach hat sich das der kleine
Maxl vorgestellt."
Der Wiener FPÖ-Chef Hilmar Kabas sagte, "wir Wiener Freiheitlichen
wollen nicht noch mehr gewalttätige Demonstrationen". Er forderte
auch einen Einwanderungstopp, und dass sich legal hier lebende
Ausländer "unserer Lebensart anpassen müssen und nicht umgekehrt".
Anders als die Grünen wolle die FPÖ auch keine Schwarzafrikaner bei
der Polizei: "Wir wollen, dass die Polizei endlich gegen die
schwarzafrikanischen Drogendealer einschreiten darf und dass
kriminell gewordene Ausländer abgeschoben werden." (APA)