St. Pölten - "Politik ist kein Job auf Lebenszeit", meint Karl Schlögl. Weshalb sich der 46-jährige Ex-SPÖ-Innenminister - wie er selbst am Montag verkündete - mit 19. April als NÖ-Landeshauptmannstellvertreter zurückzieht - eine Funktion, die er erst seit 1. Oktober 2000 ausübte. Mit 5. Mai verabschiedet sich Schlögl auch als als SP-Landeschef. Eine, wie er sagt, "persönliche Entscheidung" mit der Option, in die Privatwirtschaft zu wechseln. Die Rede ist von Angeboten von Raiffeisen, der Spielgerätefirma Novomatic sowie vom Magna-Konzern Frank Stronachs. Jenes Konzerns, der in Ebreichsdorf eine Rennbahn baut und von der EU wegen Verstößen gegen die Natura-2000-Richtlinien gemahnt wurde - ein Konflikt, für den Schlögl als Naturschutzlandesrat (noch) verantwortlich ist. "Pikant", kommentiert Grünen-Fraktionsobfrau Brigid Weinzinger. Der frühe Zeitpunkt von Schlögls Rückzug könne manche "mit Wehmut erfüllen", gibt indes SP-Landesgeschäftsführerin Karin Kadenbach zu. Doch: "Er hat unsere Landes-SP auf die richtige Schiene gebracht". Nun suche man nach einem - oder, im Fall von Funktionssplitting, mehreren - Nachfolger(n). Im Gespräch sind Kadenbach selbst, Landesrätin Christa Kranzl, die zweite Landtagspräsidentin Heidemaria Onodi und SP-Klubobmann Ewald Sacher. Sowie Schlögls Vorgänger, Nationalrat Hannes Bauer, der seinen Posten nur ungern räumte. "Ich hoffe vor allem auf ein stabiles Element", meint VP-Landesrat Wolfgang Sobotka. Schlögl selbst schlägt den Trumauer Nationalratsabgeordneten Otto Pendl als geschäftsführenden Parteivorsitzenden vor. "Einer, der nach fünf Monaten das Handtuch wirft, sollte keine Nachfolger nominieren", ärgert sich ein SP-Insider. Derselbe, der der Meinung ist, dass Schlögl - "ein Polit-Sunnyboy" - die Lust an Politik im VP-dominierten Niederösterreich einfach verloren habe. Gusenbauer ärgert sich - und will bei der Nachfolge mitreden SPÖ-Bundesvorsitzender Alfred Gusenbauer hätte sich so gerne ausschließlich über den Wahlerfolg der Wiener Landespartei gefreut. Kann er aber nicht. Gusenbauer muss sich über Karl Schlögl ärgern. Und zwar sehr. Dass der "Karli" ausgerechnet jetzt, nachdem er sich in die Landespartei gedrängt, den Parteivorsitz und den Landeshauptmann-Stellvertreter übernommen und obendrein auch den Bürgermeister in Purkersdorf an sich gerissen hat, alles hinhaut, weil ihm was Besseres eingefallen sei, das ist schon schwere Kost für die Parteistrategen in der Löwelstraße. Dabei haut er gar nicht alles hin. Den Bürgermeister will er behalten. Das ärgert die Genossen erst recht. Und mitreden will er bei seiner Nachfolge als Obmann und in der Lan-desregierung auch noch. Nach nur fünf Monaten im Amt. Ausgerechnet in jener Landesorganisation, in der Alfred Gusenbauer groß geworden ist. Als erste Konsequenz hat sich Gusenbauer in das Wahlkomitee verfügt, das am Mittwoch über die Schlögl-Nachfolge entscheiden will. Schlögl-Kandidaten haben dabei übrigens einen schweren Stand. Sie haben den Schlögl-Schlechtpunkt. "Mir tut es wahnsinnig leid" Der langjährige Landeschef der NÖ Sozialdemokraten LHStv. a.D. Ernst Höger bedauerte am Montag den Entschluss Karl Schlögls. "Mir tut es wahnsinnig leid", sagte er. Höger betonte aber auch, "sich aus der Politik zurück zu ziehen", sei "eine der wenigen Freiheiten, die man als Politiker hat". Es sei "legitim, etwas anderes zu tun". Schlögl habe eine persönliche Entscheidung getroffen. "Das akzeptiere ich, ohne es zu bewerten", so der langjährige SP-NÖ-Landeschef. Für die NÖ Sozialdemokraten gehe es nun darum, "in konstruktiver Weise die Zukunft zu bestimmen", sagte Höger. "Wir können im Hinblick auf 2003 (Landtagswahl, Anm.) noch rechtzeitig die Weichen stellen." Höger selbst geht es nach eigenen Angaben "wahnsinnig gut". Sein persönlicher und vor allem gesundheitlicher Zustand sei "die Bestätigung, dass ich mich zum richtigen Zeitpunkt verabschiedet habe". Rücktritt spiegelt SP-NÖ-Zustand wider Der Rücktritt Karl Schlögls "spiegelt wider, wie es in der SP-NÖ aussieht", stellte Johanna Mikl-Leitner, Landesgeschäftsführerin der Volkspartei NÖ, fest. Der Nachfolger werde der bereits vierte Landeshauptmannstellvertreter der Sozialdemokraten in der laufenden Legislaturperiode sein. Offensichtlich habe auch die SP-NÖ die "Unlust" Schlögls in seinem Amt erkannt, so Mikl-Leitner weiter. Sie hoffe jedenfalls, dass die Sozialdemokraten, "wer auch immer kommen mag, zum bewährten Weg der Zusammenarbeit zurück finden". Es handle sich um eine persönliche Entscheidung Schlögls, "die ich akzeptiere und respektiere", reagierte der Landesobmann der NÖ Freiheitlichen, Ernest Windholz. Der scheidende SP-Landeschef sei "einer der Wenigen" gewesen, "die in der SPÖ klare Worte zur FPÖ gefunden haben". Er habe auch "den Anstand gehabt, den Weisenbericht (im Zusammenhang mit den EU-Sanktionen, Anm.) richtig zu kommentieren". Windholz: "Dafür zolle ich ihm Respekt." Schlögls politische Laufbahn Schlögl begann seine politische Laufbahn bei der SPÖ- Niederösterreich, wo er von 1978 bis 1985 Bildungssekretär war. 1989 gelang es ihm, in der "schwarzen" Wienerwaldgemeinde Purkersdorf bei der Kommunalwahl eine SPÖ-Mehrheit einzufahren. Von 1989 bis 1997 war er dann auch Bürgermeister. Nach seinem Ausscheiden aus der Bundesregierung und der Gemeinderatswahl Anfang April wurde er am 2. Mai 2000 neuerlich zum Stadtchef von Purkersdorf gewählt. Auf Bundesebene war Schlögl ab April 1995 Beamtenstaatssekretär, im Jänner 1997 wurde er zum Innenminister. Als solcher erlangte er breite Popularität, der Tod des Schubhäftlings Omofuma im Jahr 1999 war jedoch ein tiefer Rückschlag in der politischen Karriere Schlögls. (APA/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27.3.2001)