New York/Berlin/London/Prag/Straßburg/Paris/Rom/Tel Aviv/Brüssel/Amsterdam/Frankfurt/Main/Preßburg - Das Ergebnis der Wiener Landtags- und Gemeinderatswahlen findet ein lebhaftes internationales Presseecho. Die Wiener Regionalwahlen vom Sonntag seien "der wichtigste Test" für Jörg Haiders Partei gewesen, seitdem sie in einer Koalition mit den Konservativen vor dreizehn Monaten in die Regierung eintrat, schreibt am Montag die "New York Times" . Die Zeitung erinnert daran, dass die Regierungsbeteiligung der Freiheitlichen Partei in der Europäischen Union Empörung hervorrief. Die von den anderen EU-Staaten gegen die FPÖ-ÖVP-Regierung verhängten Sanktionen seien aufgehoben worden, nachdem Haider den Parteivorsitz zurückgelegt und sich offenbar verbale Zurückhaltung auferlegt hatte. Doch im Wiener Wahlkampf sei die FPÖ rückfällig geworden. Haiders Taktik habe viele Menschen "verstört". Die amerikanische Zeitung verweist auf Haiders Attacken gegen den Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde, Ariel Muzicant, und die plakatierten Ausländer-"Sorgen" von Helene Partik-Pable. "Süddeutsche Zeitung": "Haiders Nimbus endgültig dahin" "Haiders Nimbus des ewigen Siegers ist endgültig dahin", schreibt am Dienstag die "Süddeutsche Zeitung" in einem Kommentar zum Ergebnis der Wiener Landtagswahl. "Die Selbstverständlichkeit, mit der sein Erscheinen auf einem Wahlkampfschlachtfeld früher die Dinge zu Gunsten der FPÖ zu richten pflegte, ist verflogen. Immer rascher schrumpft Haider auf die ihm angemessene Statur eines etwas überdimensionierten Provinzpolitikers." "Haiders Freiheitliche wollten die 'neue Arbeiterpartei' Österreichs sein - nun sehen sie alt aus. Das 'rote Wien' hat imposant Urständ gefeiert". "Die Stadt kann sich gratulieren. Doch nichts ist ungetrübt. Die FPÖ ist mit beträchtlichem Vorsprung vor der ÖVP zweitstärkste Kraft im Wiener Landtag geblieben, was den eben doch vorhandenen Ressentiments zu danken ist: Nach einem absoluten Tiefpunkt vor Wochen erholten sich die Umfragewerte der Freiheitlichen wieder einigermaßen - und zwar parallel zu Haiders wohlkalkulierter antisemitischer Kampagne." "Frankfurter Rundschau": Schüssel steckt Kopf in den Sand Nach dem Debakel von Blauschwarz bei den Wien-Wahlen stecke Bundeskanzler Wolfgang Schüssel "den Kopf in den Sand", schreibt die "Frankfurter Rundschau" am Dienstag. "Der ÖVP-Chef versuchte am Sonntagabend, die Entscheidung von einem Fünftel der Österreicher in der Hauptstadt als Regionalwahl abzuwerten". "Zudem droht der Kanzler international um so mehr zum Paria zu werden, je länger er sich durch die Selbstfesselung an die 'Freiheitlichen' auch bei deren verbalen Unflätigkeiten geknebelt hat." "'Er ist Gefangener seiner eigenen Machtkorruption, weil er nicht mehr frei kritisieren kann, was sein Koalitionspartner macht', richtete Michel Friedmann, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland und CDU-Mitglied, dem österreichischen Konservativen am Montag via Interview im Wiener Nachrichtenmagazin 'profil' aus." Die römische Zeitung "La Repubblica" meint: "Die andere Lektion aus Österreich ist, dass die Regierung die Populisten geradezu mit Lichtgeschwindigkeit verschleißt. Dadurch werden die Grenzen einer Strategie deutlich, auf ein Sammelsurium aus Protesten, Frustrationen und Ängsten zu setzen. Dies könnte Haider die Versuchung eines Auszugs aus der Bundesregierung nahe legen ... Die Wirkungslosigkeit der fremdenfeindlichen Ausfälle sowie der antisemitischen Anspielungen des Demagogen aus Klagenfurt besagt allerdings, dass die FPÖ keine Wähler auf der rechten Seite verloren hat, wo sie gut verankert ist, sondern im Zentrum und auf der Linken. (...) - Die Spannungen in der Bundesregierung, die wegen der Unmäßigkeiten Haiders schon zuvor beträchtlich waren, sind jetzt sehr stark, doch Kanzler Schüssel scheint wenig Neigung zu haben, schnell die Mannschaft zu wechseln." Die liberale spanische Tageszeitung "El Pais" meint zu den Wiener Wahlen: Das Fieber ist zurück gegangen. Es wird wieder wiederkommen oder es zumindest versuchen. Momentan hat Haider aber verloren. Er war während des Wahlkampfs so abstoßend antisemitisch wie er nur konnte - es hat ihm nicht genützt. Unter Bürgermeister Lueger war Wien die Hauptstadt des Antisemitismus. Aber diese große Stadt ist - abgesehen von der Feigheit der christdemokratischen und freiheitlichen Regierungsmannschaft - eine Stadt umfassendster Kultur. Sie verabscheut das Verabscheuungswürdige. Wien hat bereits bewiesen, dass es ebenso sein schönstes wie sein häßlichstes Gesicht zeigen kann. Die liberale slowakische Zeitung "Sme" kommentiert: "Nach einem Jahr hat Wien das andere Gesicht Österreichs gezeigt. "Wien hat ein klares Signal gegeben - in der österreichischen Hauptstadt gibt es kein Platz für Rassismus, Antisemitismus und Xenophobie. Haider hat eine Niederlage erlitten. Das kann für die Zukunft ein unberechenbarer Faktor sein. Die FPÖ-Klientel wurde nicht durch die Hetzkampagne beeinflusst, sondern durch die drastischen Sparmaßnahmen der Regierung, in der auch FPÖ sitzt. Die Verluste der Regierungsparteien werden die Situation des Kabinetts komplizieren. Die Koalition von SPÖ und der Grünen könnte eine klare Alternative zu der derzeitigen Regierung für die Wahlen 2003 zeigen". Die linksliberale "Pravda" (Slowakei) schreibt: "Die zweitwichtigsten Wahlen in der Alpenrepublik - nach einem relativ langweiligen Wahlkampf, der nur durch die geschmacklosen Erklärungen von Jörg Haider gewürzt wurde, einschließlich seiner Attacken gegen die jüdische Kultusgemeinde - haben einen klaren Linksruck mit sich gebracht. Die schwarz-blaue Regierungskoalition ist durch die Ergebnisse der Wahl nicht stärker geworden. Die Wirtschaftszeitung "Hospodarske noviny" (Slowakei) kommentiert: "Haider hat im Wahlkampf die Angst vor den EU-Beitritten der Tschechischen Republik, Ungarn und Slowakei geschürt. Er warnte vor dem Öffnen des Arbeitsmarktes in Österreich und in Wien. Der Spuk hatte aber keine Wirkung. Die FPÖ hat fast ein Viertel der Stimmen verloren. Man darf die FPÖ aber nicht unterschätzen, sie bliebt die zweitstärkste Partei" Die dem früheren Ministerpräsidenten Vladimir Meciar nahe stehende Tageszeitung "Novy den" meint: "Die Gemeinderatswahlen in Wien haben offensichtlich die Ära der demonstrativen österreichischen Einheit und des Zusammenhaltes, die durch die Sanktionen der 14 EU-Länder hervorgerufen wurden, beendet. Die Wahlen in Wien werden in der Slowakei sorgfältig analysiert werden." Die konservative "Frankfurter Allgemeine Zeitung" schreibt: Das "rote Wien" als Wiederkehr insularen Daseins. (...) So wie die Wiener Stadt- und Landespartei beschaffen ist, zudem unter dem überwältigenden Triumph der Rückeroberung der absoluten Mehrheit - welche nach sich zieht, daß man ohne große Rücksichtnahme viele Posten an verdiente Funktionäre vergeben kann -, spricht einiges dafür, daß man die Alleinregierung zur Gänze auskosten und dem "Roten Wien" wieder jenen gleichsam "historischen" Stellenwert zukommen lassen dürfte, um dessen Andersfarbigkeit zwischen 1996 und 2001 ein für allemal als Episode erscheinen zu lassen." Die rechtsbürgerliche deutsche Tageszeitung "Die Welt" ist der Meinung: "Haider schrumpft. Jörg Haider musste, um weiterhin interessant und schlagzeilenwirksam zu bleiben, die Latte seiner Verbalentgleisungen zuletzt immer höher hängen. Zu sehr hatte man sich schon an seine Polemiken gewöhnt - und gewöhnlich, gar langweilig zu sein, das ist die Sache des Jörg Haider nun ganz bestimmt nicht. Doch der Kärntner Landeshauptmann trieb es für den Geschmack der Wiener mit seinen Angriffen auf den Vorsitzenden der jüdischen Wiener Gemeinde, Ariel Muzicant ("Ich verstehe überhaupt nicht, wie einer, der Ariel heißt, so viel Dreck am Stecken haben kann"), zu weit. Er wurde abgewatscht, deutlich. Die Zeit des plumpen antisemitischen Populismus scheint vorbei. Das Zugpferd der FPÖ - es zieht nicht mehr. Die FPÖ hat seit ihrem Eintritt in die Regierung vor gut einem Jahr drei Wahlen in Folge verloren - in der Regierungsverantwortung entzaubern sich Populisten und Extremisten zumeist selbst. Das kann Schüssel nicht gleichgültig sein. Der ehrgeizige Taktierer wird andere Optionen prüfen müssen, will er nicht mit der FPÖ in die Tiefe gerissen werden. Die kroatische Tageszeitung "Republika" schreibt: "Häupl hat es geschafft, in Wien zum Symbol zu werden. Er profitierte vor allem von den unpopulären Maßnahmen der ÖVP-SPÖ-Bundesregierung. So konnte er die Stimmen jener zurückgewinnen, die in den Jahren zuvor zu Haider abgewandert waren. Dass Wien wieder tief rot ist, kann angesichts der Umfragen jedoch schon als sensationell und unerwartet bezeichnet werden." Die konservative spanische Zeitung "ABC" (Madrid) analysiert: "Die Wahlen in der österreichischen Hauptstadt und in zwei deutschen Bundesländern haben gezeigt, dass die Rechtsradikalen sich auf dem Rückmarsch befinden. Innerhalb weniger Tage erlitten ausländerfeindlichen Parteien in drei Staaten Europas herbe Schlappen. Den Anfang machte Frankreich, wo die extreme Rechte bei den Kommunalwahlen starke Verluste hinnehmen musste. Der Trend setzte sich in Deutschland bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz fort. Am stärksten ragt aber die Lektion heraus, die die Wähler in Wien dem Ultra Jörg Haider und dessen so genannter Freiheitlichen Partei erteilten. Die FPÖ erlitt ihre schlimmste Niederlage in den letzten 15 Jahren. Haider verschlug es die Sprache. Mit seinem Mythos der Unbesiegbarkeit ist es nun vorbei." "tageszeitung" (taz): "Die SPÖ unter Bürgermeister Michael Häupl könnte Österreichs Hauptstadt nach den Gemeinderatswahlen allein regieren. Alle Spekulationen über einen Wechsel des Koalitionspartners von der bürgerlichen ÖVP zu den Grünen werden damit müßig. (...) Der große Verlierer heißt FPÖ, die 7,8 Punkte und sieben Mandate verlor, obwohl der Caudillo Jörg Haider den Wahlkampf zuletzt zur Gänze an sich gerissen hatte. (...) Haider hatte durch seine Ausritte gegen den Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde, Ariel Muzicant, und gegen Häupls US-amerikanischen Wahlkampfberater, "Herrn Greenberg von der Ostküste", von den latenten antisemitischen Emotionen zu profitieren versucht." "Mlada fronta Dnes": "Haider hat sich in den Wahlkampf in Wien intensiv eingeschaltet. Er hat auf antisemitische und rassistische Attacken gesetzt. Auch gegen eine eventuelle Koalition von Sozialdemokraten und Grünen haben die Freiheitlichen gehetzt, die jetzt von Niederlage zu Niederlage eilen". "Les Dernieres Nouvelles d'Alsace": "Nach einem Jahr in der Regierung mit den Konservativen, befindet sich die populistische FPÖ-Partei Jörg Haiders im freien Fall. (...) In Wien fing sie sich eine richtige Ohrfeige ein. Handeln die Konservativen opportunistisch, um an der Regierung zu bleiben und den Kanzler stellen zu können? Oder ist die ÖVP jetzt ihrerseits von Haider geprägt? Die Frage ist wichtig und muss ganz Europa beschäftigen." "Le Figaro": "Für die Partei von Jörg Haider, der sich selbst im Wahlkampf investiert hatte, ist dies - nach der Steiermark und dem Burgenland - das dritte Wahldebakel seit seinem Beitritt zur Regierungskoalition vor einem Jahr. (...) Es ist eine rote Welle, die sich über Wien ergossen hat, die österreichische Hauptstadt erhält die politische Färbung zurück, die sie seit dem Zweiten Weltkrieg hatte. (...) Offensichtlich haben die Wiener Wähler die im Februar 2000 von den Konservativen und der extremen rechten gebildete Allianz sanktioniert. Sie haben das Projekt einer abgekapselten und einwanderungsfeindlichen Stadt abgelehnt, das die FPÖ ihnen vorgeschlagen hat". "L'Humanite'": "Die sehr konsequente Haltung des amtierenden sozialdemokratischen Bürgermeisters Michael Häupl hat wahrscheinlich einen Teil der Wähler, die Haider einen Riegel vorschieben wollten, dazu veranlasst, sich an die führende Oppositionspartei zu wenden. (...) Haider erleidet eine persönliche Niederlage. Selbst wenn er offiziell nur noch Kärtens Landeshauptmann und einfaches Mitglied der FPÖ ist, so hatte er eine zentrale Position eingenommen. (...) Haider hatte die benachteiligten Klassen erobert, indem er sich als Verteidiger der kleinen Leute gegen das Etablishment ausgab. (...) Aber die Brutalität der Regierungsreformen, der Angriffe gegen die errungenen sozialen Rechte, lasten auf den Lebensbedingungen der bescheidensten Haushalte". "Il Messaggero": "Auch ein erheblicher Antisemitismus und die Rückkehr zu den schrillsten Tönen haben Jörg Haider in Wien nicht vor der größten Wahlschlappe retten können, und das nur 13 Monate nach dem Eintritt seiner Partei in die Bundesregierung. Die Abstimmung in Wien ist zu einem echten Erdbeben geworden, das wichtige Implikationen auch auf Bundesebene haben wird. Vor allem wird man jetzt sehen, wie Haider auf die Niederlage reagiert. Nur eineinhalb Jahre nach dem Regierungsbeitritt der FPÖ geht jetzt von Wien ein neuer Wind aus. Ein Wind, der dem ehrgeizigen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, der die FPÖ an die Regierung gebracht hat, nicht wenig Sorgen bereiten dürfte." "La Repubblica": "Wien hat Haider zurückgedrängt und seinen Populismus bestraft, der dank eines enormen Wahlaktivismus in den letzten Tagen an Aufschwung gewonnen zu haben schien (...). Haider hat der Linken gut getan. Der Aufstieg der FPÖ hat die SPÖ zu einer gesunden Opposition und zu einer Dynamisierung ihres Programms gezwungen (...) Der Aufstieg der FPÖ hat den Sozialdemokraten erlaubt, den Protest und Teile der Stimmen der schwächeren Kategorien aufzufangen, die sich vor den Thatcher-Absichten des Bundeskanzlers Schüssels und seinen Ausgabeneinschnitten fürchten." "Corriere della Sera": "Wien ist röter denn je. So rot, dass die SPÖ sich mit 52 Stadtratsmitglieder erlauben kann, allein zu regieren. Der Triumph der österreichischen Linken, der durch das optimale Resultat der Grünen gestärkt wird, ist noch bedeutender, da es von der Niederlage von Haiders FPÖ begleitet wird. Haider ist zwar offiziell kein Bundespolitiker mehr, aber er hat persönlich die Wahlkampagne in der Hauptstadt geführt (...) Haiders Wählerschaft vergibt der Regierung die Sparmaßnahmen nicht, die die sozialen Errungenschaften hart treffen." "Il Giornale": "Nach der Niederlage in Wien, die den Stimmenverlusten in der Steiermark und im Burgenland folgt, brechen harte Zeiten für Haiders Partei an, obwohl mehrere FPÖ-Spitzenpolitiker behaupten, dass das Wahlergebnis in Wien keine Folgen für die Regierungskoalition mit der ÖVP haben wird. Obwohl es sich um einen Lokaltest handelt, beweist die Wahl in der Hauptstadt, eine gewisse Enttäuschung der Wählerschaft über die schwarz-blaue Regierung. Die Wählerschaft hat mehr als erwartet den Grünen und der SPÖ ihre Gunst gesichert." "Yediot Aharonot": "Die rechtsradikale FPÖ hat vom Wähler eine schallende Ohrfeige bekommen. Das Debakel bei den Wahlen im Wiener Bundesland wird nicht ohne Reaktionen bleiben. Jetzt wird sich Haider entscheiden müssen, ob seine Partei (auf Bundesebene) in der Koalition bleibt, oder in die Opposition zurückkehrt. Der Sieg der SPÖ ist überzeugend und überraschend, und der Stimmenzuwachs wird es Bürgermeister Michael Häupl ermöglichen, mit einer absoluten Mehrheit zu regieren. (...) Das Wahlergebnis beweist wiederum, dass die Wähler auf die antisemitischen und fremdenfeindlichen Tiraden von Haider nicht reagiert haben." "Maariv": "Die Wiener Wahl hat den Koalitionsparteien FPÖ und ÖVP Enttäuschungen verbunden mit erheblichen Stimmeneinbußen beschert. (...) Trotz des Wahldebakels blieb die FPÖ in Wien zweitgrößte Partei nach den siegreichen Sozialdemokraten. (...) Der persönliche Einsatz Haiders hat der Partei geholfen, den Wählerschwund etwas abzufedern, konnte aber die Schlappe nicht verhindern." "Jerusalem Post": "Die Wähler in Wien haben den antisemitischen Ausfällen gegen den Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde und dem von Haider propagierten Fremdenhass eine klare und eindeutige Absage erteilt". "France-Soir": "Angesichts des Stimmenschwunds hat sich (Jörg) Haider - der keine offizielle Funktion mehr in seiner Partei einnimt - mit all seinem Gewicht in die Schlacht gestürzt. (...) Bei den Wahlveranstaltungen hat sich Haider langen fremdenfeindlichen Tiraden hingegeben, zu denen er - was neu ist - einen antisemitischen Unterton hinzufügte. (...) Es bleibt abzuwarten, wie Haider reagieren wird: Er ist unvorhersehbar, manche gehen sogar so weit, eine Sabotage der Regierungskoalition mit den Konservativen - die ihm eine Wahlniederlage nach der anderen einbringt - vorherzusagen". "Le Soir" (Brüssel): "Die ausländerfeindliche Kampagne der extrem rechten Partei von Jörg Haider hat sich nicht ausgezahlt. Klarer hätten sich die Wiener nicht ausdrücken können". "De Standaard" (Brüssel): "Die rechtspopulistische FPÖ von Jörg Haider erlitt am Sonntag eine peinliche Niederlage. Um die dritte Niederlage bei Wahlen seit dem Eintritt in die Bundesregierung zu verhindern, haben Haider und die Seinen in der Wahlkampagne auf antisemitische und ausländerfeindliche Themen zurückgegriffen". "De Morgen" (Brüssel): "Die extrem-rechte FPÖ des Populisten Jörg Haider hat bei der Gemeinderatswahl erneut einen schweren Rückschlag erlitten. Haider hatte in den letzten Tagen noch versucht die Niederlage abzuwehren, indem er gegen den Juden Ariel Muzicant ausholte. Das ist aber bei den Wienern nicht auf Sympathie gestoßen." "Algemeen Dagblad" (Amsterdam): "Die rechtspopulistische Freiheitspartei hat zum dritten Mal seit ihrer Regierungsbeteiligung bei Regionalwahlen eine empfindliche Niederlage einstecken müssen. Die Partei des starken Mannes Jörg Haider bekommt die Rechnung für eine durch Skandale gekennzeichnete Kampagne präsentiert". "De Telegraaf" (Amsterdam): Die rechte FPÖ ist als größte Verliererin aus den Wahlen hervorgegangen. Das dritte Mal in Folge ist der Partei von Jörg Haider bei einer Regionalwahl ein nennenswerter Teil der Wähler davongelaufen. In der Wahlwerbung hatte sich der rechte Populist vor allem mit dem Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde, Ariel Muzicant, angelegt und diesem vorgeworfen, einer der Anstifter der 'Hetze gegen das eigene Land' gewesen zu sein." "Liberation": "Der Rassismus hat sich gestern in Wien nicht bezahlt gemacht. Nach einem offen fremdenfeindlichen, mit antisemitischem Beigeschmack durchsetzten Wahlkampf ist es Jörg Haider nicht gelungen, seine Partei vor der Niederlage zu bewahren. (...) Für diese Partei, deren Erfolg seit jeher auf einer radikalen Oppositionsstrategie gegen die Machtträger beruhte, hat sich die Regierungsbeteiligung seit dem 4. Februar 2000 als Desaster herausgestellt. (...) Diese Wahl erlaubt es, das Ausmaß der 'Normalisierung' zu bemessen, die im Lande herrscht. Obwohl die FPÖ entgegen all ihren Versprechen wieder die fremdenfeindliche Strategie übernommen hat, hat dies von Seiten ihrer konservativen Alliierten keinerlei Reaktion hervorgerufen." "Le Parisien": "Die Wiener haben der österreichischen extremen Rechten gestern bei den Kommunalwahlen eine Kränkung zugefügt. Der Kampf um das Rathaus von Wien hat sich auf ein Duell zwischen Jörg Haider, Vertreter der fremdenfeindlichen Freiheitlichen Partei, und dem amtierenden Bürgermeister, dem Sozialdemokraten Michael Häupl, konzentriert. (...) Für den Leader der rechtsextremen Partei handelt es sich um die dritte Niederlage seit dem Eintritt der FPÖ in die Bundesregierung im Jahr 2000." "Financial Times": "Jörg Haiders rechts-außen Freiheitliche Partei hat in der gestrigen Wahl große Verluste erlitten, konnte aber eine verheerende Niederlage vermeiden, die zur Destabilisierung der 14 Monate alten österreichischen Koalitionsregierung führen hätte können". "Narodna Obroda" (Slowakei) "Auch wenn der österreichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel es ablehnt, die Signalwirkung der Gemeinderatswahlen in Wien für die nächsten Parlamentswahlen anzuerkennen, indizieren viele Tatsachen, dass er sich irren könnte." "Der überzeugende Sieg der Sozialdemokraten zeigt, dass die Zeiten des Aufstieges der FPÖ sind vorbei", schreibt der lowakische Kommentator. "Der SPÖ-Vorsitzende Alfred Gusenbauer sieht in der Zusammenarbeit von SPÖ und Grünen das Model der Regierungskoalition nach den nächsten Parlamentswahlen. Die Sinkende Popularität der schwarz-blauen Koalition und ihre steigende innere Konflikte deuten an, dass das Signal von Wien könne auch breitere Geltung haben." (APA/dpa)