Das Etikett "Hardcore" sei unpassend, meint Thomas Blimlinger. Schließlich sei er lieber im klassischen Dreiteiler als mit Latzhose unterwegs. Der 44-jährige Trafikant aus Neubau passt aber auch sonst ganz gut in ein klassisch-bürgerliches Ambiente.

Das Problem, so der Mann, der als erster grüner Bezirksvorsteher Wiens (eine Art Unterbürgermeister) angelobt werden wird, läge weniger in seinem Verhältnis zur Partei als in der öffentlichen Rezeption der Grünen heute. "Ich bin so wie unsere Wähler", erklärt Blimlinger: Er liebt klassische Musik ("auch wenn ich mich oft über das Publikum im Musikverein ärgere"), spielt selbst Klavier, ist "ganz bieder" verheiratet und Vater einer viereinhalbjährigen Tochter. Dass seine Trafik am Siebensternplatz als eine der guten Adressen für Humidore und Rauchwaren gilt, habe auch mit dem hedonistisch-bürgerlichen Hintergrund des Mannes zu tun, der in Hainburg politisiert wurde, in der Au aber nie übernachtet hat.

Als gebürtiger Neubauer, so der Enkel des ersten Justizministers nach dem Krieg, habe er die Veränderungen im Bezirk nicht zuletzt in der vom Vater - einem Kriegsinvaliden - übernommenen Trafik miterlebt: "Unsere Stammklientel ist zwischen 30 und 55 Jahre alt und genießt ganz bewusst die Annehmlichkeiten des urbanen Lebens." Zur Stadt gehöre aber auch die Erkenntnis, dass "man auf den Baum vor dem Fenster verzichtet" - was freilich keineswegs bedeute, umweltpolitische Anliegen als Utopien abzustempeln.

Radikale Maßnahmen, beruhigt Blimlinger aber jene, die fürchten, dass in Neubau unter einem grünen Bezirksvorsteher Parkplätze zu Biotopen mutieren könnten, wären seine Sache nicht. Vielmehr gehe es darum, die Lebensqualität im Bezirk durch sanfte Adaptionen bestehender Einrichtungen an die Realität zu heben. So gebe es etwa leer stehende Garagen mit Tag-und Nachttarifen - während die Zahl jener, die einen klassischen "Nine-to-five-Rhythmus" haben, in den neuen IT-nahen Berufsfeldern, die im Bezirk immer stärker vertreten seien, "bald ein Minderheitenprogramm sein werden".

Wie viel ein grüner Bezirksvorsteher im roten Wien durchsetzen können wird, sei aber derzeit "die für mich wohl spannendste Frage". Dass seine Hoffnungen für eine gedeihliche Bezirksarbeit auf Kooperationen vor allem mit der Bezirks-SP liegen, ist schließlich kein Geheimnis.

Auf eine andere Frage wird Blimlinger rascher Antworten finden müssen: Auch wenn er seine Trafik bisher immer als "soziales Zentrum" im Bezirk zu nutzen verstand, wird der ehemalige Landhockey-Nationalspieler wohl ein anderes Bürgerbüro aufschlagen müsse - Trafikant und Bezirksvorsteher sind miteinander unvereinbar. Das, gibt Blimlinger zu, sei der einzige Wermutstropfen seines Wahlsieges. (DER STANDARD Print-Ausgabe vom 27.3.2001)