Wien - Nein, "freiheitliches Urgestein" will er sich nicht nennen lassen. Sonder lieber einfach sagen, dass er schon "lange" bei der FPÖ dabei sei. Etliche parteiinterne Umorientierungen hat der 51- jährige Gilbert Trattner, derzeit Bundesgeschäftsführer der FPÖ, schon erlebt. Vor 1986, analysiert Trattner im Standard-Gespräch, sei die FPÖ vor allem eine Partei der Freiberufler gewesen. Unter der Führung Jörg Haiders habe sie sich dann zu einer "Art Volkspartei" entwickelt. Eine Wandlung, die niemand umkehren will - schon allein wegen der Wahlergebnisse nicht: Ist doch die Vor-Haider-FPÖ nicht einmal annähernd an zweistellige Erfolge herangekommen. Seit 1986 hingegen habe sich die FPÖ zu einer Partei für breitere Wählerschichten entwickelt: "Konservative Volkspartei" nennt Trattner als Obergriff - denn auf "Arbeiterpartei" oder "Partei für den kleinen Mann" will er die FPÖ nicht verengen: "Die FPÖ wurde zum Ansprechpartner aller fünf Millionen Erwerbstätigen, mit Schwerpunkt auf die Leute mit kleinen und mittleren Einkommen." Das sei die eine Seite der Entwicklung, die andere Seite umschreibt Trattner so: "Gerade in den vergangenen Jahren hat die FPÖ für viele Wähler als Protestpartei fungiert. Als Antipartei in Hinblick auf die Zweiklassengesellschaft des geschützten und ungeschützten Bereichs. Zudem erwarten die Wähler von uns, dass wir nichts mit Parteipolitik zu tun haben." Gerade diese Protestwähler seien es, die eine Regierungspartei kaum behalten könne, fasst Trattner die Niederlagen bei den vergangenen drei Wahlen zusammen: "Mit dem Regierungseintritt verliert man manche Wähler automatisch. Das sieht man bei den Grünen in Deutschland - und so geht’s auch der FPÖ." Wählerverluste seien für eine Partei, die so lange in Opposition war, klar - wichtig sei nun, die Wählerverluste zu keiner Dauererscheinung zu machen. Einerseits müssten "vorsichtig neue Wählerschichten erschlossen" werden, schon allein durch Managertypen wie Karl-Heinz Grasser: "Natürlich ist die Regierungsbeteiligung eine Chance, andere Schichten anzusprechen." Andererseits müssten zu den Nichtwählern abgewanderte Exwähler zurückgeholt werden. Das werde nicht durch Richtungsänderungen funktionieren, meint Trattner, sondern dadurch, wenn "die Leute sehen, dass diese Regierung gut für sie ist. Wenn etwa die vorherige Sparpolitik eine Steuerreform ermöglicht." (Eva Linsinger, DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 29.3.2001)