Wien - Alle reden von Zuwanderung - und auch die ÖVP kommt bei ihrer Maifeier um das Thema nicht herum. Der Zugang, den Wirtschaftsminister Martin Bartenstein dazu findet, ist aber ein selbstkritischer. Er fragte, ob Österreich für die besten Talente der Welt wirklich attraktiv genug ist - denn der ÖVP geht es nicht um irgendwelche Quoten für irgendwelche Menschen, sondern darum, Österreich im Rahmen der bestehenden Quote zum "Zielland für Talente" zu machen.

Parteichef und Kanzler Wolfgang Schüssel formuliert es so: "Sorgsam kontrollierte Zuwanderung, wo wir den Schlüssel in der Hand haben."

Es ist ein exklusiver Diskussionszirkel, den die ÖVP-Spitze in die oberste Etage des offiziell noch nicht eröffneten Twin-Towers am Wienerberg geladen hat. Mit weitem Blick ins Land feierten rund 200 Funktionäre und Experten den "Tag der neuen Arbeit". Mit am runden Tisch natürlich der oberste Unternehmervertreter, Christoph Leitl. Seine Vision vom Tag der Arbeit: mehr Unternehmensgründungen. 25.000 in diesem Jahr, das würde 50.000 oder vielleicht auch 100.000 Arbeitsplätze schaffen, das ist dann nicht mehr so genau zu sagen.

Ebenfalls am grünen Tisch: Der Chef des ÖVP-Arbeitnehmerflügels, ÖAAB-Chef Werner Fasslabend. Er mahnt zart "eine neue soziale Moral" von den Arbeitgebern ein - mit individuelleren Arbeitsverträgen, in denen die Arbeitnehmer gleichberechtigte Vertragspartner würden. "Zwingen" könne man die Unternehmer nicht, aber zumindest "Bewusstsein schaffen" wäre angesagt - auch dafür, dass sie sich die Fachkräfte aus Lehrlingen selber heranbilden müssen.

"Noch nicht zufrieden"

Dominierende Figur am runden Tisch ist natürlich der Bundeskanzler: "Wenn uns etwas gelungen ist, dann das: Die Menschen haben das Gefühl, es bewegt sich etwas", skizziert er Konturen der Wende und preist die Erfolge der Arbeitsmarktpolitik: "Wir sind unserem Ziel der Vollbeschäftigung schon recht nahe. Als ich Wirtschaftsminister war, da haben die Experten gesagt: Es geht uns die Arbeit aus, alles wird furchtbar. Aber wenn man den Vergleich von vor zwei Jahren nimmt, dann haben wir 40.000 Arbeitslose weniger."

Dennoch sei er "nicht zufrieden", sagte Schüssel: Das Kindergeld sei gut, der finanzielle Anreiz allein reiche aber nicht aus für eine kinderfreundliche Gesellschaft. Zufrieden sei er erst, wenn "die Gesellschaft der ,Ich-linge' verstanden hat, dass es gut ist, Kinder zu haben". (cs, DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 2.5.2001)