Gesundheitspolitik
Unfallrenten: Eher hart als von Herzen - von Lisa Nimmervoll
Ein "Gebot des Herzens" sei die Reparatur der Besteuerung der Unfallrenten gewesen, sprach Vizekanzlerin Susanne
Riess-Passer in Richtung Kärnten. War es doch Jörg Haiders Zwischenruf, die Unfallrentenbesteuerung sei Inbegriff herzlosen
Regierens, der die regierungsinterne Reparaturwerkstätte in Aktion treten ließ. Schon beim Gesetzesbeschluss, dass Unfallrenten
künftig besteuert werden, wusste die Regierung, dass die Maßnahme problematisch ist. Hatte doch der Arbeitsrechtler Wolfgang
Mazal im Expertenbericht zur sozialen Treffsicherheit vor einer "nicht unbeträchtlichen Reduktion einer Sozialleistung" gewarnt.
Jetzt sollen jene, die weniger als 20.000 Schilling Gesamteinkommen haben, die Besteuerung der Unfallrente rückerstattet
bekommen.
Die aktuelle Gesetzesreparatur, beschönigend auch "Abfederung" genannt, ist ein Affront gegen die Betroffenen, aber auch eine
Maßnahme, die gegen Grundprinzipien des Sozial- und Steuersystems verstößt. Unfallrenten sind eine Entschädigungsleistung
oder ein Schadenersatz für den Einkommensentfall nach einem Arbeitsunfall. Und Schadenersatzzahlungen sind keine
Einkommensbestandteile. Den Ersatz für einen realen Einkommensentfall zu besteuern unterminiert das System.
Nachgerade zynisch ist es aber, als Basis für die Rückerstattung der Steuer auf die Unfallrente nicht die Höhe dieser Rente,
sondern das Gesamteinkommen (inklusive Aktiveinkommen) heranzuziehen. Das bedeutet, dass genau diejenigen, die ohnedies
am härtesten betroffen sind - nämlich jene, die nach schwersten Unfällen höhere Unfallrenten erhalten und damit über die definierte
Einkommensgrenze kommen -, nicht entschädigt werden. Sie bekommen die volle Härte der Härteregelung zu spüren - von
Herzen. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 4. 5. 2001)