Wien - Der VP-Klubobmann findet deutliche Worte. "Das ist nicht nur eine schlechte Optik. Das ist fatal." Zu Beginn der Legislaturperiode geht Bernhard Görg allerdings nicht mit dem politischen Gegner so hart ins Gericht: Von den 16 VP-Abgeordneten im Wiener Gemeinderat sind nur zwei Frauen. Exakt 12,5 Prozent. Und das, wo Görg vor der Wahl noch demonstrativ ein Team von jungen, engagierten Frauen vorgestellt hatte, die ins Rathaus einziehen sollten. "Beim Aufstellen der Kandidaten sind wir von mehr als 20 Prozent bei der Wahl ausgegangen", ist Görg zerknirscht: Die auf den Listen stets hinter Männern gereihten VP-Frauen verfehlten den Einzug ins Rathaus ausnahmslos. Noch im letzten Gemeinderat lag der Frauenanteil bei der ÖVP mit 26 Prozent (vier von 15 Abgeordneten) doppelt so hoch. Insgesamt hat sich an der Frauenquote im Wiener Gemeinderat durch die Wahl nicht viel verändert: Waren bislang 38 der 100 Abgeordneten Frauen, sind es nun 37. Und bis auf die ÖVP sind alle Parteien stolz auf ihren Anteil an weiblichen Abgeordneten - auch wenn lediglich die SPÖ ihre Quote auch prozentuell steigern konnte: Von 40 (17 Frauen bei 43 Mandaten) auf 44 Prozent (23 von 52) habe man sich verbessert, ist SP-Frauensprecherin Martina Ludwig stolz. "Es ist noch nicht selbstverständlich, wird es aber immer mehr." Weniger als 40 Prozent seien mittlerweile "absolut undenkbar". Die Frage, wann Wien die erste Bürgermeisterin haben werde, wehrt Ludwig ab, "stellt sich derzeit und nach diesem Wahlsieg noch nicht." Weniger als 40 Prozent Frauen im Gemeinderatsklub, will auch die FPÖ nicht sehen: Noch am Montag verkündete FP-Stadträtin Karin Landauer stolz, dass ein 40-prozentiger Frauenanteil im Klub "den Stellenwert der Frau" in ihrer Partei deutlich illustriere. Doch leider: Zwischen der 40-Prozent Marke und der Wahrheit liegt ein ordentliches Stück: Sechs der 21 Freiheitlichen sind weiblich. Also exakt 28,57 Prozent. "Ein kleiner Lapsus", gibt man - auf Anfrage des STANDARD - bei der FPÖ zu: Landauer habe sich als Stadträtin sowie die neue FP-Stadtschulratsvizepräsidentin als wesentliche FP-Frauen mitgerechnet, heißt es bedauernd. Um auch nur in der Nähe von 40 Prozent zu landen (38,09) müssen die beiden FP-Damen allerdings "vergessen" haben, sich zur Gesamtzahl der 21 Abgeordneten dazu zu addieren: Bei 23 Personen läge der Anteil nur bei 34,78 Prozent. Im letzten Gemeinderat waren acht der 26 FP-Mandatare Frauen. Eindeutig gesunken ist der Frauenanteil auch bei den Grünen: Von 71 (fünf von sieben) auf 54,54 Prozent (sechs von elf Abgeordneten). Allerdings, betont die Abgeordnete Susanne Jerusalem, sei das für sie kein Problem: "Die Quote ist bei uns so selbstverständlich, dass darüber gar nicht mehr geredet wird." (rott/DER STANDARD, Printausgabe, 9.5.2001)