London/Wien - Den Briten bleibt aber auch nichts erspart. BSE, MKS, plaudernde Prinzessinnen - und jetzt auch noch vergessliche Militärs und Geheimdienstler: Dem britischen Verteidigungsministerium gingen in den vergangenen drei Jahren nicht weniger als 205 Laptops verloren. Der bisher letzte tragbare Computer verschwand vor knapp drei Wochen; ein Nachrichtendienstmann vergaß das Gerät, auf dessen Festplatte streng geheime Daten über neue Waffensysteme gespeichert waren, im Fond eines Londoner Taxis. Im Verteidigungsministerium Ihrer Majestät werden nun Pläne gewälzt, die Laptops besser zu sichern. Die "Qs" in den britischen Geheimdienstlabors sollen nach Bond-Manier angewiesen worden sein, mit vereinigtem Hirnschmalz Computer zu entwickeln, deren Festplatten sich nach einem allfälligen Verlust selbst zerstören. Vorerst sollen jedoch 15.000 diebstahlsichere Aktenkoffer zu 1000 Pfund (knapp mehr als 22.000 Schilling oder 1600 Euro) zur Sicherung der vertraulichen Datenträger angeschafft werden. Verlustort Tapas-Bar Ob Letzteres viel nützt, scheint fraglich. Denn die wenigsten der verschwundenen PCs wurden gestohlen. Verlustursache waren vielmehr zerstreute Geheimnisträger. Mehrere Dutzend Geräte wurden etwa in öffentlichen Verkehrsmitteln vergessen. Eine MI6-Agentin ließ ihren Laptop nach einem ausgiebigen Zechgelage in einer Londoner Tapas-Bar liegen. Ein Computer mit Plänen über ein neues britisch-amerikanisches Militärflugzeug kam einem Marineoffizier beim Umsteigen in der Londoner Paddington-Station abhanden. Besonders die Amerikaner reagierten auf diesen Vorfall irritiert und forderten die Briten recht ruppig auf, mehr für die Sicherheit ihrer Daten zu tun. Dabei haben selbst sie Probleme mit verschollenen Laptops: Im US-Außenministerium verschwanden unlängst zwei Computer mit Informationen über Massenvernichtungswaffen und streng vertraulichen Verschlüsselungsprogrammen. Seit Dezember 2000 ist ein weiterer mit Geheimnissen über nukleare Vorhaben unauffindbar. Die damalige Außenministerin Madeleine Albright musste daraufhin völlig neue Sicherheitsrichtlinien für ihr Haus erlassen. Auch in Österreich ist das Problem nicht ganz unbekannt: Vor einigen Jahren vergaß ein Beamter der Einsatzstelle zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität (Edok) seinen Dienstlaptop im Schlafzimmer seiner russischen Geliebten. Pikanterweise war die Dame gleichzeitig auch Verdächtige in Ermittlungen, die die Edok damals führte. Heute betreibt die Dame gemeinsam mit dem nunmehrigen Exbeamten ein Restaurant in Wien. Beim österreichischen Heeresnachrichtenamt indes hieß es auf Anfrage des STANDARD: "Nein, so etwas ist bei uns noch nie vorgekommen. Und außerdem: Was soll bei uns verloren gehen, dem Heer fehlt ja an allen Ecken und Enden das Geld, so etwas überhaupt anzuschaffen." (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12.5.2001)