Wien - Der für die Spitzelaffäre um die illegale Abfrage und Weitergabe von Daten aus dem Polizeicomputer zuständige Sektionschef im Justizministerium, Werner Pürstl, äußerte gegenüber der Zeitschrift "Format", er halte die Beweislage gegen die beiden FPÖ-Politiker Michael Kreißl und Hilmar Kabas nach dem derzeitigen Ermittlungsstand nicht für ausreichend, um Anklage zu erheben. Für Justizministerium sei die 'Suppe zu dünn'. Pürstl meinte, der U-Richter werde Josef Kleindienst auffordern müssen, seine Anschuldigungen zu konkretisieren. SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim warf dem Minsterium in einer Aussendung eine Einflussnahme auf ein laufendes Verfahren vor: "Mit erheblicher Verwunderung nehme ich zur Kenntnis, wie der zuständige Sektionschef des Justizressorts, Werner Pürstl, die Öffentlichkeit über ein laufendes Verfahren und seine persönliche Sicht von dessen Entwicklung informiert". Bisher sei vom Ministerium und der zuständigen Staatsanwaltschaft "mit unverständlicher Zurückhaltung" vorgegangen worden, wenn es um Fragen nach einer Grundlage für bereits erfolgte Einstellungen von Verfahren gegangen sie, obwohl etwa Zeugen nicht einmal zu den Fakten befragt worden seien. Nunmehr werde jedenfalls dem ermittelnden und dem Minister "weisungsunterworfenen Staatsanwalt signalisiert, dass die derzeitige Suppe nach Ansicht des Ministeriums zu dünn" sei. Jarolim: "Ich halte diese Vorgangswiese für völlig inakzeptabel". FP-Antrag auf "Schweigepflicht" für Kleindienst "profil" berichtet wiederum in seiner jüngsten Ausgabe, dass sich die Justiz seit November 2000 mit mehreren Anträgen auf Einstweilige Verfügungen befassen, die Kleindienst, den ehemaligen FPÖ-Polizisten und Auslöser der Ermittlungen in der Spitzelaffäre, betreffen. FPÖ-Altobmann Jörg Haider, sein Sekretär Karl-Heinz Petritz, FPÖ-Landesrat in Niederösterreich, Ewald Stadler, FPÖ-Klubdirektor Josef Moser und der ehemalige FPÖ-Bundesgeschäftsführer Gernot Rumpold haben beantragt, die Justiz solle anordnen, dass Kleindienst in der Spitzelaffäre nicht nur gegenüber Medien schweigen müsse, sondern auch dann, wenn er von der Polizei einvernommen oder zu Aussagen vor Gericht geladen werde. Drei der fünf Anträge müssen laut "profil" nun, weil sie in erster und zweiter Instanz abgelehnt worden waren, auf Begehren der Antragsteller vom OGH entschieden werden. SPÖ-Justizsprecher Jarolim äußerte dazu, im Lichte der Äußerung aus dem Justizministerium bekomme der Versuch einiger FPÖ-Politiker, Kleindienst durch den Obersten Gerichtshof eine "Schweigepflicht" in den anhängigen Verfahren aufzuerlegen, eine andere Bedeutung: "Angesichts der vielen offenen Fragezeichen und bemerkenswerten Ereignissen bleibt im Rahmen einer sachlichen Auseinandersetzung mit der Thematik wohl keine andere Alternative, als auf Basis der in der Öffentlichkeit bekannten Fakten Experten aus dem In- und Ausland zu einer öffentlichen Diskussion darüber einzuladen, wie die bisherige und laufende Entwicklung dieses Verfahrens mit all seinen Ausprägungen aus ihrer sachkundigen und objektiven Sicht zu bewerten" sei. (APA)