ORF
"Wendungen" zur Einigkeit
"Die Gegensätze sind weitgehend vom Tisch", sagt Khol
Montag, 12.30 Uhr auf dem Küniglberg. Nach gut vier Stunden Sondersitzung des
ORF-Kuratoriums eine Pressekonferenz von Andreas Khol und Peter Westenthaler.
Nicht wie geplant im Sitzungssaal des Kuratoriums, das tagt da noch. Der
Generalintendant hilft den Klubchefs und Kuratoren von ÖVP und FPÖ gerne mit
seinem Konferenzraum aus.
Geht es nach Khol und Westenthaler, haben ORF-General Gerhard Weis und sein
Manage- ment nun fast schon Abbitte geleistet für ihre gegen den Gesetzesentwurf
aufgefahrenen Argumente. "Die Gegensätze sind weitgehend vom Tisch", sagt Khol.
Die "Gruselstatistik" finanzieller Einbußen durch das Gesetz - bis zu 2,6 Milliarden
Schilling bei einem Gesamtbudget von über elf - sei "weitgehend zurückgenommen".
Khol: "Wir sind jetzt fast auf null." Sein FP-Pendant Westenthaler spricht von einem
"Propagandafeldzug" der ORF-Führung und von "bewussten Fehlinterpretationen", von
denen "nichts übrig blieb". Der VP-Klubchef legt zur neuen Lage nach: Weis "liebt den
öffentlich-rechtlichen Auftrag".
Zwei Stunden später Weis. Dazwischen liegt ein mit den 23 Stimmen von VP und FP
im Kuratorium angenommener Antrag von Khol und Westenthaler. Bekenntnis zu den
von ihnen deklarierten Zielen des Gesetzesentwurfs und Verpflichtung des Generals
dazu. Geht nicht, sagt Weis - laut altem Gesetz sei das "nur eine Empfehlung".
Rechnung tragen will er ihr, zumindest in Punkten.
Anspruchsvoll nur "in der Regel"
Zum Beispiel dem, dass die Finanzierung der Landesstudios sicherzustellen ist,
künftig auch im Gesetz. Mit vermeintlicher Bedrohung derselben hatte der ORF die
Landeshauptleute gegen den Entwurf mobilisiert.
Die Regierungsparteien kommen ihm mit Formulierungen entgegen: Dass etwa die
Beteiligungen des ORF an 3sat und APA, die Kooperation mit Arte und ein Kulturkanal
möglich blieben, werde klarer festgehalten. Auch wenn man die nie infrage habe.
Den Programmauftrag kann Weis nun auch leichter lieben: Nun heißt es, der ORF
müsse im Hauptabend in der Regel anspruchsvolle Inhalte gleichwertig bringen. Also
zwischen 20.00 Uhr und 22.00 zumindest meistens einmal Qualität unter vier
Sendungen. Außer am Wochenende, vor allem sonntags, schafft er das längst. Für
sonntags sinniert die FPÖ schon über eine abendliche Pressestunde.
Neu ist, dass sich Khol und Westenthaler für eine Abschaffung der Belangsendungen
einsetzen. Was dem ORF mehr Platz für Werbung in der bestbezahlten Primetime
schafft.
Und, sagt Weis, bisher verbotene regionale Fernsehwerbung habe die Politik Montag
vorgeschlagen. Ein neuer Konfliktpunkt - diesmal nicht mit dem ORF: Der
Zeitungsverband pochte stets nachdrücklich auf dieses Verbot.
Die Opposition fürchtet nun Gebührenerhöhungen (Stefan Schennach, Grüne) und
völlige politische Vereinnahmung (Josef Cap, SPÖ). Weis hingegen sieht "die Chance
der Wendung zum Positiven. Die sehr starke Chance."
(fid - DER STANDARD,
15.5.2001)