Es war ein dicker Strauß verbaler Rosen, den Noch-Volksanwältin Ingrid Korosec ihrer designierten Nachfolgerin streute. Eine erfahrene Politikerin sei Rosemarie Bauer, noch dazu vertraut mit den - teils scheinbar kleinen - Problemen der Kommunalpolitik, engagiert sei sie sowieso und couragiert auch, kurz: eine ideale Volksanwältin. So viel Lob wäre der bodenständigen Bauer wohl peinlich gewesen. Denn eitle Attitüden, wie sie manchen Politikerkollegen nicht ganz fremd sind, hat die 56-jährige Berufsschullehrerin nicht entwickelt - trotz ihrer langen Politikerinnenjahre: 1972 wurde sie Kulturstadträtin in Hollabrunn, nach der Geburt ihrer Tochter steckte sie ab 1975 die Politik vorübergehend etwas zurück, 1983 wurde sie Bundesrätin, seit 1985 war sie im Nationalrat. "Eine gewachsene und gestandene Politikerin", nennt sie das selbst. Die ganz große Karriere ist Bauer dennoch versagt geblieben: Sie war als Familienministerin mehrmals im Gespräch - mehr aber auch nicht. Dass sie, so die Eigencharakterisierung, ein "Zornhäferl" ist, mit ihrer Meinung nicht hinterm Berg hält, in Kirche intern kritische Gastkommentare zu kirchlichen Würdenträgern geschrieben und auch den Bischof nicht verschont hat, war der Karriere der ÖVP-Politikerin wohl genauso wenig dienlich wie ihr Eintreten für Frauenthemen. Sieben Jahre lang, von 1991 bis 1998, war Bauer Chefin der ÖVP-Frauenbewegung - und hat in ihrem Kampf für die Gleichstellung von Frauen auch Konfrontationen mit der Parteilinie nicht gescheut: So trat sie etwa für eine kontrollierte Verwendung der Abtreibungspille ein, während andere ÖVP-Politiker dagegen wetterten und unterschrieben. 1998 hat Bauer das Amt der Frauenchefin abgegeben - und indirekt damit auch, wie manche ÖVP-Insider ätzen, ihr Engagement. Leise sei Bauer geworden, von ihrer früheren Spontaneität sei nichts mehr zu bemerken, und auch im ÖVP-Klub spiele sie so gut wie keine Rolle, attestierten manche Bauer, dass sie sich in die vorgezeichnete Rolle der betulichen Politpensionistin eingefunden habe. Und nur mehr bei ihrem liebsten Hobby, dem Autofahren, schnell sei. Mit der Rolle als Politpensionistin wird es nichts: Bauer freut sich "irrsinnig", dass der ÖVP-Vorstand sie als Volksanwältin vorgeschlagen hat, und geht davon aus, dass der ÖVP-Parlamentsklub sie kommende Woche wählt. "Anwältin der Bürger" möchte sie als Volksanwältin sein. Konkreter sind ihre Vorstellungen von der Volksanwaltschaft vorerst nicht. Sie möge die Menschen nun einmal, "oft auch recht merkwürdige", hat sie einmal gesagt. Diese Eigenschaft wird sie in der Volksanwaltschaft, der Anlaufstelle für Bürger, die sich von Behörden ungerecht behandelt fühlen, ausleben können. (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 18.5.2001)