Wien - Dass die 1931 geborene und 1942 deportierte Ruth Klüger in ihrem späteren Leben doch noch öfters in ihre Unheimatstadt zurückkehren würde, hätte sie früher wohl nur zu (alb)träumen gewagt. Aber eigentlich drängt es sich auf, ihre 1992 erschienene und zum Besteller avancierte Autobiografie "weiter leben" für das Theater zu adaptieren, wie es seit Freitag abend im dietheater Konzerthaus in Nika Sommereggers Regie aufgeführt wird. Denn: Klüger, die 1947 in die USA auswanderte und in Berkeley beim Emigranten und großen Austriazisten Heinz Politzer Germanistik studiert hatte, baut ihren Text schon als ständige Selbstbefragung auf. Sehr analytisch macht sie sich von der Gegenwart aus auf die Suche nach eigener und kollektiver "Vergangenheit, die nicht vergehen will" (Habermas). Eine Befragung von Land, Vater, Mutter, Verwandten, und auch von zu Denkmälern reduzierten KZ-Anlagen: Der Dialogcharakter ihrer Prosa und das Lakonisch-Kämpferische in ihr findet einen Höhepunkt an der Lagerstraße in Auschwitz: Die Zwölfjährige streitet mit ihrer Mutter, die ihr, um sie vor der Selektion zu bewahren, zuflüsterte, sie solle als ihr Alter "dreizehn" angeben. Diskussion mit Ruth Klüger Sonntag 20.05., 11 Uhr: "Muss sich jede Generation aufs Neue mit der Vergangenheit auseinander setzen?" - Diskussion mit Ruth Klüger, Dagmar Ostermann (Zeitzeugin), Nika Sommeregger (Regisseurin), Christoph Reinprecht (Soziologe), David Vyssoki (Ärztlicher Leiter der psychosozialen Ambulanz ESRA), Moderation: Peter Huemer (Richard Reichensperger/red, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18.05.2001)