Auf dem Weg von der "Protest- zur Gestaltungspartei" haben sich die Grünen dieser Tage ein neues, identitätsstiftendes Kulturprogramm verordnet: Es löst jenes allgemein gehaltene, eher philosophische aus dem Jahr 1991 ab, das Johannes Voggenhuber verfasst hatte.

Letzte Woche wurde ein zehn Punkte umfassendes Grundsatzpapier, dem parteiintern mehrmonatige Diskussionen vorangegangen waren, vom erweiterten Bundesvorstand beschlossen: Darin bekennen sich die Grünen - nicht weiter verwunderlich - zur Vielfalt (der Kulturen, der Medien etc.), zum ungehinderten Zugang zu öffentlichen Einrichtungen, wo immer dies möglich ist, zu "Investitionen" in kulturelle Aktivitäten, die der Markt nicht tätigt, zu demokratischen Prozessen und zur Transparenz bei den Entscheidungen.

All dies deckt sich mit den Positionen der Sozialdemokraten, doch die Grünen gehen noch einen Schritt weiter:

Sie halten fest, dass mit Kultur nicht nur manchmal - "sondern immer" - Gesellschaftspolitik gemacht wird. Zu den "zentralen Anliegen grüner" - und damit ideologischer - "Kulturpolitik" gehöre daher die Verbreitung grüner Grundwerte und Prinzipien. Zu diesen zählen die Solidarität mit Schwächeren, die Selbstbestimmung des Individuums, die nachhaltige Sicherung grundlegender Lebensbedingungen und ökologischer Ressourcen. Wenn man, so Glawischnig, nicht verändern wolle, gebe man sich mit dem Status quo zufrieden: "Und wir wollen verändern!"

Nicht nur bewahren

Dieser Wille zur Veränderung hat natürlich Auswirkungen auf die Kunstproduktion: "Die Grünen setzen sich für eine Kunst ein, die sich ihrer aktiven gesellschaftspolitischen Rolle bewusst ist."

Glawischnig beteuert zwar, dass an ästhetische Einschränkungen nicht gedacht sei, und es solle "durchaus auch völlig unkritische Kunst geben". Andererseits habe aber zum Beispiel das Bewahren und Reproduzieren traditioneller Kulturgüter einen "überzogen höheren Stellenwert als das aktuelle Schaffen", und so würde "der geniale Einzelschöpfer und sein einzigartiges Werk" der gemeinsam erarbeiteten Leistung vorgezogen.

Die Kulturpolitik, die den Grünen vorschwebt, setzt sich "für eine stärkere Beachtung gemeinsamer Leistungen, der Ideen und Prozesse ein sowie für die Verbreitung unterschiedlicher Vorstellungen von Kultur". (trenk)