Wien - Auf die grundsätzliche Notwendigkeit einer Reform der parlamentarischen Immunität haben sich die vier Parlamentsfraktionen geeinigt. Bis spätestens Sommer 2002 soll demnach eine praktikable Neuregelung beschlossen werden, die neben einer genaueren Definition der geschützten Strafrechtsdelikte auch das Zivilrecht einbeziehen könnte. Bei einer Vorbesprechung am Mittwochabend einigten sich Vertreter der vier Parteien auf die weitere Vorgehensweise. Die eigentliche Arbeit soll spätestens im Herbst beginnen. Dabei wollen sich die Parlamentarier auch internationale Immunitätsmodelle ansehen und klären, in wie weit auch die zivilrechtliche Komponente erfasst werden kann. Die ursprünglich als Schutz vor strafrechtlicher Verfolgung konzipierte Immunität könnte auch auf diesen Bereich erweitert werden, der "in der Realität die eigentliche Existenzgefährdung" sei, wie FP-Mandatar Martin Graf meint. Immunität soll Rechtsanspruch werden Über die konkrete Umsetzung herrscht freilich noch Unklarheit: Während die Grüne Madeleine Petrovic wie ihr SP-Kollege Heinz Gradwohl eine Art Streitwertbegrenzung für Schadensersatzklagen gegen Parlamentarier vorschlägt, lehnt Graf dies ab. Er fordert vor allem die klare Definition der geschützten Delikte, um die derzeit von der Spruchpraxis des Nationalrates abhängige Immunität zum Rechtsanspruch zu machen. Petrovic hält dagegen auch den Schutz vor existenzgefährdenden Schadenersatzklagen für nötig. Dies bedeute keinesfalls das Herausnehmen der Abgeordneten aus dem Zivilrecht, sondern vielmehr die Schaffung eines "ökonomisch kalkulierbaren Risikos". Petrovic verwies etwa auf eine 100-Mill.-Schilling-Klage gegen ihren Kollegen Peter Pilz im Zusammenhang mit der Wiener "Baukartell-Affäre". Gradwohl verwies auf "dubiose" Immunitätsentscheidungen der Vergangenheit und wünscht sich ebenfalls klarere Regeln. So sei ein Mandatar geklagt worden, weil er bei einer Pressekonferenz Auszüge aus einer seiner Reden im Nationalrat verteilt habe, obwohl diese Reden eigentlich "immunisiert" seien. Die Höchstrichter hatten damals entschieden, dass Wortäußerungen im Parlament nur dann unter die Immunität fallen, wenn sie von Dritten - etwa den Medien - zitiert werden, nicht jedoch, wenn sich der Abgeordnete selbst zitiert.