Basel - Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), das Spitzeninstitut der Notenbanken, hat in ihrem Jahresbericht vor einem übertriebenen Konjunkturoptimismus gewarnt. Der zehnjährige weltweite Wirtschaftsaufschwung könnte mit der markanten Abschwächung der US-Konjunktur einen Wendepunkt erreicht haben, heißt es in dem Bericht, der am Montag von BIZ-Generaldirektor Andrew Crockett vorgelegt wurde. Es sei keineswegs sicher, ob die US-Wirtschaft, ein entscheidender Faktor der Weltkonjunktur, schon zum Jahresende wieder voll auf Touren komme. Eine weiche Landung der US-Konjunktur mit einer rasch folgenden Erholung sei auch nur eines von mehreren Szenarien. Eine rasche US-Erholung setze voraus, dass die US-Wirtschaft mit neuen Technologien und neuen Hochtechnologiefirmen tatsächlich in eine "neue Ära" eingetreten sei. Dass ein höheres Potenzialwachstum und grundlegend höhere Unternehmensgewinne auch höhere Aktienkurse rechtfertigen. Wenn dies alles gelte, dann dürften die USA bald wieder auf einen mindestens moderaten Wachstumspfad zurückkehren. US-Wirtschaft zu rasch gewachsen Denkbar sei aber auch, dass die US-Wirtschaft in den vergangenen Jahren zu rasch gewachsen sei, hieß es weiter. Für diesen Fall lehre die Geschichte, dass der Übersteigerung "immer einige Zeit lang" ein unterdurchschnittliches Wachstum folgt. Auch eine härtere Landung mit Einbrüchen bei den Firmengewinnen und den Aktienkursen ist nach Ansicht der BIZ nicht auszuschließen. Schließlich seien die Haushalte und die Firmen in den USA hoch verschuldet und die Aktien seien nach den meisten traditionellen Messgrößen immer noch hoch bewertet. Solchen Einbrüchen oder Wachstumsverlangsamungen müsse nicht zwingend eine Phase mit hohen Inflationsraten vorausgehen, hieß es weiter. Positiv für die USA schlagen nach Ansicht der BIZ die anstehenden Steuersenkungen und die im Weltvergleich große Flexibilität der Märkte für Arbeit und Kapital zu Buche. Wenig Positives erkennt die BIZ in Japan. Die Sanierung der Unternehmen und Banken dauere "nun schon ein Jahrzehnt". Dagegen stehe die Eurozone vor eher alltäglichen Problemen. (Reuters/DER STANDARD, Printausgabe 12.6.2001)