Rom - Drei Tage nach der Vereidigung des neuen Mitte-Rechts-Kabinetts von Silvio Berlusconi droht das seit 20 Jahren geltende Abtreibungsgesetz zum Terrain für den ersten heftigen Streit zwischen Regierungskoalition und Opposition zu werden. Für helle Empörung sorgten in linksorientierten Kreisen die Worte des neuen Europaministers und Chefs der Christdemokratischen Union (CDU), Rocco Buttiglione, der sich für eine Revision des Gesetzes aussprach. Er schlug auch die Einführung finanzieller Unterstützung für Frauen vor, die auf eine Abtreibung verzichten und ihr Kind doch zur Welt bringen. Unterstützung für ungewolltes Kind "Mein Ziel ist nicht die Abschaffung des Gesetzes, sondern Frauen zu helfen, die nicht abtreiben. Oft entschließen sich Frauen zum Schwangerschaftsabbruch, weil sie mittellos und allein sind", so Buttiglione. Er meinte, jede Frau sollte eine monatliche finanzielle Unterstützung in Höhe von 1 Million Lire (516 Euro/7.107 S) im ersten Jahr nach der Geburt des Kindes erhalten, wenn sie auf die Abtreibung verzichtet. Buttigliones Vorschlag löste empörte Reaktionen der Frauenverbände aus. Das Abtreibungsgesetz sei von den ItalienerInnen per Referendum bestätigt worden und dürfe daher vom Parlament keinesfalls revidiert werden. Selbstbestimmungsrecht gefährdet Buttigliones Aussagen ernteten auch heftige Kritik in den Reihen der linksliberalen Parteien. Für das Selbstbestimmungsrecht der Frauen wäre eine Revision des Gesetzes ein Affront, sagte Ex-Sozialministerin Livia Turco. Sie warnte vor den Beschlüssen der Regierung Berlusconi, in der nur zwei Frauen vertreten seien. Auch Ministerpräsident Berlusconi hatte in den vergangenen Wochen einen Gesetzesentwurf zur Änderung des geltenden Abtreibungsparagrafen 194 des italienischen Strafgesetzbuches angekündigt und gesagt, minderjährigen Schwangeren müsste staatliche Hilfen angeboten werden. Daraufhin hatten Sprecher der linken Mitte ihm vorgeworfen, mit seinem Vorschlag Stimmen des katholischen Lagers für sich gewinnen zu wollen. Bischofskonferenz für "Verteidigung des Lebens" Nach Berlusconis Wahlsieg bei den Parlamentswahlen am 13. Mai hatten auch die italienischen Bischöfe für eine Revision des Gesetzes über den Schwangerschaftsabbruch plädiert. Der Sekretär der italienischen Bischofskonferenz (CEI), Giuseppe Betori, forderte unter anderem die "christlichen Laizisten" in Italien auf, sich für die Verteidigung des Lebens einzusetzen. Die Novellierung des Abtreibungsgesetzes ist ein heikles Thema in Italien. Vor allem sozialistische, kommunistische und linksliberale Parteien hatten in den vergangenen Jahren heftig gegen Vorschläge gekämpft, das Gesetz restriktiver zu gestalten. (APA)