Wien - Schulschluss ist die Zeit der Wahrheit für die 1,2 Millionen Schüler in ganz Österreich. In den östlichen Bundesländern stehen die Notenkonferenzen unmittelbar bevor, im Westen haben Schüler noch eine Woche "Schonfrist". Wie in den vergangenen Jahren werden auch heuer wieder - in ganz Österreich - rund 40.000 Schüler im Herbst zu einer Wiederholungsprüfung antreten müssen, schätzt Josef Steiner, Schulstatistiker im Unterrichtsministerium. Hunderte Anrufe Am Tag der Zeugnisverteilung, dem 29. Juni, nehmen die Berater des Schulservice beim Wiener Stadtschulrat erfahrungsgemäß dann auch zwischen 200 und 500 Anrufe von besorgten und verunsicherten Schülern entgegen. Die am häufigsten vorgebrachten Anliegen sind dabei negative Noten und der bevorstehende "Nachzipf". Viele der Anrufer wissen nicht, wie sie den Eltern den "Fünfer" im Zeugnis beibringen sollen, erzählt Brigitte Jung vom Schulservice des Stadtschulrats, aber "Selbstmordabsichten werden kaum mehr geäußert". Dies führt sie darauf zurück, dass durch die neue Informationspflicht die Erziehungsberechtigten bei auftretenden Schulproblemen früher eingeschaltet werden, sodass ein böses Erwachen bei der Zeugnisverteilung meist ausbleibt. Überlegen! "Durchatmen und überlegen" empfiehlt sie verzweifelten Schülern. "Bei Pflichtschülern versuchen wir herauszufinden, warum die Schule keinen Spaß mehr macht. Nicht mehr Schulpflichtigen legen wir nahe, aufzulisten, was für und was gegen das Beenden der Schule spricht", so Jung. Eher schulrechtliche Beratung bietet das Schulservice des Unterrichtsministeriums. In erster Linie rufen hier Eltern an, die Fragen zum "Nicht genügend" ihrer Kinder haben. Persönliche Probleme und Konflikte können genauso wie entwicklungsbedingte Krisen oder falsche Lernmethoden die Ursache für schlechte Noten sein. Auch bei generellem oder plötzlichem, scheinbar unerklärlichem Leistungsabfall stehen die Schulpsychologen zur Verfügung. In Wien gibt es die schulpsychologischen Beratungsstellen seit 50 Jahren, jährlich werden 17.000 Beratungen von Schülern, Eltern, Lehrern und Schulleitern durchgeführt. Als eine der Ursachen für den Anstieg der Kontakte um dreißig Prozent im Laufe der letzten zehn Jahre geben die Schulpsychologen den stetig steigenden Leistungsdruck auf alle ins Bildunsgsystem integrierten Personen an: Schüler genauso wie Lehrer und Eltern. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 19. 6. 2001)