Wien - Luxemburgs Premier Jean-Claude Juncker steht der Idee von Volksabstimmungen über die Aufnahme neuer Mitglieder in
die EU ablehnend gegenüber. Die EU müsse darüber nachdenken, wie die Bürger stärker am politischen Geschehen beteiligt
werden könnten. Doch habe er zurzeit das Gefühl, dass Volksentscheide dann zum Einsatz kämen, "wenn die Regierenden nicht
mehr weiterwissen", erklärte Juncker am Mittwoch in Wien.
Wenn einzelne EU-Staaten über den Beitritt einzelner EU-Kandidatenländer abstimmen könnten, bestehe die Gefahr, dass der
gesamte Prozess der EU-Erweiterung blockiert werde. Andererseits sei das irische Nein ernst zu nehmen.
Juncker war am Montag mit Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (VP), am Dienstag mit Außenministerin Benita Ferrero-Waldner
(VP), Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FP), Bundespräsident Thomas Klestil und ÖGB-Chef Fritz Verzetnitsch
zusammengetroffen. Am Rande der Treffen zeigte er sich erstaunt über die innerösterreichische Polemik zum militärischen
Empfang auf dem Ballhausplatz. Der luxemburgische Christdemokrat, der im Gegensatz zum deutschen Kanzler Gerhard
Schröder auch mit Susanne Riess-Passer zusammengetroffen war, suchte auch den Kontakt zur Opposition - bis hin zum
Grünen-Chef Alexander van der Bellen. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 20. 6. 2001)