Wien - Es gibt wohl nur einen Ort in Österreich, an dem Odysseus auf diese Weise seiner Unbill in den Fängen der nymphomanischen Calypso Ausdruck verleihen kann: den Wiener Grabenhof, Sitz der Österreichischen Beamtenversicherung. Deren rühriger Direktor Johann Hauf wird nicht müde, im Rahmen der nunmehr zum 10. Mal stattfindenden Grabenfesttage hier in intimem Ambiente die heimische Musikszene in Auftragsprojekten und bizarren Konstellationen zu präsentieren. "Penelope" lautet 2001, im zweiten Kuratorenjahr von Werner Korn, die Themenvorgabe. Ex-ORF-Moderator Peter Nidetzky plauderte über seine Kommentatorenschaft der Liveübertragung der ersten Mondlandung 1969 und las aus Jules Vernes Reise zum Mond . Nicht ganz so weit bewegte sich Dieter Kovacic bei seinem Versuch eines interkontinentalen Internetkonzerts. Zu Beginn der Performance war nur Tokio im Netz zugegen, Lima und Sydney schalteten sich bald zu, Kapstadt blieb ruhig; allein, das durchaus kulinarische Elektronikstück, das sanfte Geräuschschleifen mit konkreten und abstrahierten Walzer-Andeutungen collagierte, konnte beim besten Willen nicht in seine Herkunftsbestandteile aufgelöst werden. Eindeutiger ging da schon der eingangs zitierte Odysseus selbst zur Sache. Vinzenz Witzlsperger als Primus inter pares unter den honorigen Herren des Kollegium Kalksburg verlegte die Irrfahrt des antiken Helden in die Wiener Beisln. Ein fulminanter Parodie-Akt der aktionistischen Dialekt-Poesie, gebrochen von Homer-Rezitationen aus japanisch-österreichischem Munde (Yoshie Maruoka), das war Grabenfest at it's best. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23./24. 6. 2001)