Lange vor den Stromgitarren dreschenden "Riot Girls" oder den bösen Mädchen im HipHop, den "Bitches", die es ihren männlichen Pendants, den Gangstern, punkto großer Klappe und triebgesteuertem Habitus möglichst ähnlich taten, formulierte Betty Davis den Wunsch If I'm In Luck I Might Get Picked Up . Dabei handelte es nicht um eine romantische Auto-Stopper-Howdy-Doody-Ballade, sondern um eine knallharte Funk-Nummer, die Sex als durchaus erwünschten Höhepunkt eines gelungenen Saturday Night Fever pries. Der Song eröffnet das titellose Debüt-Album von Betty Davis... ... aus dem Jahr 1973, und es handelt sich dabei um das erste von insgesamt dreien, heute als Klassiker gehandelten Alben. Im Jahr darauf erschien They Say I'm Different , 1975 das dritte und letzte Album, Nasty Gal . Die Wirkung dieser drei Alben - bereits die Cover-Gestaltungen kokettieren kaum mit bürgerlichen Werten - ist bis heute einzigartig: Derartig prall mit mehr oder weniger unterschwelligen Andeutungen bezüglich zwischenmenschlicher Freuden mit dem Schwerpunkt "Das Bett als Austragungsort der selben", formulierte Davis ein neues Selbstverständnis. Während Frauen im Soul/Funk dieser Zeit oft nur als kosmetische Begleiterscheinung ihrer männlichen Partner auftraten, oder solo meist ihrer sozialen Verantwortung vor dem Hintergrund der afroamerikanischen Geschichte gerecht wurden, krächzte, stöhnte und brüllte Davis im Mittelpunkt des Geschehens. Vor Lust, vor Begehren und einer Lebensfreude, die schwer an die damals noch nicht zu alte Forderung "We want the world, and we want it now!" erinnerte. Bei niemandem sonst, außer bei Millie Jackson vielleicht, stehen sich Funk und das andere F-Wort so nahe, ohne jemals in den Verdacht plumpen Proletentums zu geraten. Davis besaß Klasse, ihre Musik ebenso: Trockene Keyboardstöße, fetter Daumenbass und jeder Gefälligkeit entsagende Gitarren, schufen die Basis für ihren hinreißenden Gesang und gelten heute als Blaupause, ohne die es Funk-Erben wie die Red Hot Chili Peppers wahrscheinlich nicht geben würde. Davis, als Betty Mabry geboren, ehelichte 1968... ... einen nicht ganz unbekannten Jazzer namens Miles Davis. Vor ihrer Trennung 1973, machte die "Wild Woman" des Funk ihrem Ruf, auch im richtigen Leben ein Nasty Gal zu sein, alle Ehre. Unter anderem mit Jimi Hendrix, was der angedachten Zusammenarbeit von Hendrix und Miles - das zeigte die Geschichte - wenig förderlich war. Sie kam nicht zustande. Gerüchten eines frühen drogenbedingten Abganges zum Trotz, lebt Betty Davis heute, vertraut man den Informationen auf diversen Internet-Sites, zurückgezogen in Pennsylvania und will dort vor allem eines: ihre Ruhe. Karl Fluch