Linz - Nicht mehr die Freiheit steht auf den Barrikaden, wie es Delacroix' berühmtes Revolutionsgemälde zeigt, sondern eine Asiatin mit Notebook und einem Riesenschraubenzieher. Sie und ihre Mitstreiter fackeln am Plakat/ Logo der heurigen Ars Electronica nicht alles destruktiv ab, übernehmen dennoch das Kommando. Und darum soll es beim kommenden Medienfestival in Linz auch gehen: um den Takeover in der Kunst, der von Menschen kommt, die zwischen Lifestyle, Kunst, Wissenschaft und Business fluktieren, "Künstler, Ingenieur, Sozialarbeiter und Experience-Designer", so Festivalleiter Gerfried Stocker, in Personalunion sind. 15 Jahre Prix Ars Electronica dienen als Anlass, die Kunst (neben der Wissenschaft und Technologie) wieder mehr in den Mittelpunkt zu rücken. Als Neuerung des vom 1. bis 6. September im Brucknerhaus ( electrolobbv , Konzerte), O.K. Centrum für Gegenwartskunst ( Prix ), Ars Electronica Center und T.O.C. ( Take Over Campus ) stattfindenden internationalen Festivals wird diesmal das traditionelle Symposium auf die ganze Woche verteilt werden und eher dialogisch aufgebaut sein. So verhandelt eine "Conference" die Frage nach der Archivierung von digitalem Kunstschaffen und eine den Kunstmarkt in Zeiten der Globalisierung. Ein Experte wird zum Beispiel über Computerkurse in Malaysia sprechen, bei denen in Fußballstadien 6000 Menschen zugleich PC-Know-how beigebracht wird. Auch Inszenierungen von Lebenswelten - von Las Vegas über Shoppingmalls bis hin zu Tate Modern - kommen zur Sprache. Erstmals arbeitet die Linzer Kunstuniversität im Rahmen der Ars, als "work in progress" am Hauptplatz. Mit der visualisierten Klangwolke (Christian Muthspiel, Hans Hoffer) und der RainDance -Installation des US-Künstlers Paul de Marninis startet die Ars, die u. a. noch eine Telesymphonie vorsieht, die Golan Levin (USA) aus Handytönen des Publikums komponiert, eine Performance von Kraftwerk -Latino-Vertonern Senor Coconut Y Su Conjunto (im Rahmen von Ridin' A Train ) sowie ein Konzert des Prix -Nominierten der Kategorie Digital Musics, Ryoij Ikeda. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23./24. 6. 2001)