Wien - Nach einer 17-stündigen Marathon-Sitzung haben die Regierungsparteien die 58. ASVG-Novelle und damit die Neustrukturierung des Hauptverbandes der Sozialversichungsträger im Sozialausschuss des Nationalrates beschlossen. SPÖ und Grüne stimmten erwartungsgemäß dagegen. Die Novelle bringt voraussichtlich das Aus für Hauptverbands-Präsident Hans Sallmutter. Der Beschluss im Plenum des Nationalrates steht am kommenden Freitag an. Kernpunkt der Reform: Arbeitgeber und Arbeitnehmer werden in den Hauptverbands-Gremien künftig paritätisch vertreten sein (bisher waren die Arbeitnehmervertreter in der Überzahl). Dadurch - sowie durch den Einzug der FPÖ in die Selbstverwaltung - haben die Regierungsparteien künftig eine komfortable Mehrheit von acht zu vier Stimmen im Verwaltungsrat. Durch eine Unvereinbarkeitsklausel scheidet der derzeitige Präsident Hans Sallmutter praktisch aus dem Hauptverband aus. Ebenso von Spitzenfunktionen ausgeschlossen sind zahlreiche Funktionäre von Kammern und Gewerkschaften. Stärkung des Selbstverwaltungsrates Neu hinzugekommen ist am Donnerstag eine Stärkung des Selbstverwaltungsrates. Dieser kann künftig in "besonders begründeten Fällen" Agenden der Geschäftsführung an sich ziehen, muss sich dabei aber mit dem Sozialministerium abstimmen. Der Beschluss im Sozialausschuss bedeutet nicht, dass das Gesetz am kommenden Freitag im Plenum auch in dieser Form beschlossen wird. So drängt etwa die Wirtschaftskammer im Sinne der Sozialpartnerschaft auf eine stärkere Berücksichtigung der SPÖ im Verwaltungsrat. Demnach sollen dort vier SP-Arbeitnehmervertreter und lediglich einer statt zwei aus den ÖVP-Reihen sitzen. Die Sozialsprecher von ÖVP und FPÖ, Gottfried Feurstein und Reinhart Gaugg, lehnen eine derartige Regelung zwar ab. Gleichzeitig räumen sie aber ein, dass es bis zur endgültigen Beschlussfassung noch Gespräche geben werde, Änderungen also grundsätzlich möglich seien. Die erst gegen 2 Uhr eingestellten Filibuster-Reden der Grünen nahmen sie gelassen: Feurstein meinte, jede Fraktion habe das Recht, entsprechend der Geschäftsordnung ihren Protest auszudrücken. Ähnlich äußerte sich auch Gaugg, der allerdings die Sinnhaftigkeit der Aktion hinterfragt, "wenn ich daran denke, dass ein Abgeordneter der Grünen vier Stunden gesprochen, aber nichts gesagt hat". Der damit angesprochene Grüne Sozialsprecher Karl Öllinger räumte ein, man habe ein Mittel gebraucht, "das nicht oft verwendet werden kann und nicht oft verwendet werden soll". Allerdings sei es den Grünen damit gelungen, Aufmerksamkeit auf ein sehr ungewöhnliches Gesetz zu lenken, in dem sie eine Lex Sallmutter sehen. SP-Sozialsprecherin Heidrun Silhavy kritisierte, der von der Koalition gestellte Antrag auf Schluss der Debatte sei der erste entsprechende Antrag seit der ÖVP-Alleinregierung 1967. Die Aktion der Grünen bezeichnete sie als "Geschmackssache". (APA)