Wien - Volkszählungs-Projektleiter Karl Isamberth appelliert an die Bürgermeister, bei den so genannten "Reklamationsverfahren" nach der Volkszählung "mit Augenmaß" vorzugehen. Mit diesen Verfahren können Bürgermeister einzelne Bürger, die in ihrer Gemeinde nur einen Nebenwohnsitz unterhalten, als "Hauptwohnsitzler" für sich reklamieren. Damit fließen auch die für diesen Bürger fälligen "Ertragsanteile" im Rahmen des Finanzausgleichs an die entsprechende Gemeinde. Allerdings muss der Bürgermeister glaubhaft machen, dass der "Lebensmittelpunkt" des Betroffenen auch tatsächlich in seiner Gemeinde liegt. Aus den Gemeinden gebe es bereits beunruhigende Signale, dass nach dem Motto "nutzt's nix schad's nix" reklamiert werden könnte, so Isamberth. Neben der Behelligung der Bürger (anders als 1991 haben sie nach der derzeitigen Rechtslage Parteienstellung im Reklamationsverfahren) befürchtet er auch eine Verzögerung des Endergebnisses: "Wenn die auf Teufel komm raus reklamieren, weiß ich nicht, wann wir zu einem endgültigen Ergebnis kommen", so Isamberth. Für die Veröffentlichung der offiziellen Bevölkerungszahl sei ohnehin schon "vorsichtshalber" der Termin Mitte 2002 festgesetzt worden. Nur bei Erfolgschancen reklamieren Isamberth appelliert an die Bürgermeister, nur dann zu reklamieren, wenn auch tatsächlich Erfolgschancen bestehen: Auch wenn die Zahl der Verfahren ausufere, müsse die Zahl der (für die reklamierenden Bürgermeister) "positiven Erledigungen" nicht zwangsläufig steigen. Mit der statistischen Auswertung wollen die Volkszähler - im Gegensatz zu 1991 - diesmal jedenfalls nicht alle Reklamationsverfahren abwarten. Die ersten demographischen Tabellen - etwa Altersaufbau, Staatsbürgerschaft, Geschlecht und Familienstand - könnten damit gegen Jahresende fertig sein. Komplexer ist laut Isamberth die Auswertung der Angaben zu Bildung und Beruf. Nicht vor Ende 2002 wird die so genannte "Pendlerstatistik" erwartet. Allerdings räumt Isamberth ein, dass es durch die Reklamationsverfahren zu Ergebnis-Verzerrungen kommen könnte. Dies werde jedoch in den meisten Fällen ein "Nullsummenspiel" sein, so Isamberth. Bei der Volkszählung 1991 stritten die Gemeinden um insgesamt 126.000 Bürger, nur acht Gemeinden in ganz Österreich waren davon nicht betroffen. Diesmal herrscht allerdings eine andere Rechtslage: Verwantwortlich für die Abwicklung der Reklamationsverfahren ist nicht mehr die Statistik Austria, sondern die Landesregierung bei Streitigkeiten innerhalb eines Bundeslandes bzw. das Innenministerium, wenn Gemeinden verschiedener Bundesländer um Bürger kämpfen. Außerdem haben die betroffenen Bürger nun Parteienstellung, da sich das Ergebnis des Reklamationsverfahrens direkt auf deren Meldesituation auswirkt. (APA)