Wien - Erich Walter hat allen Grund zum Jubeln: Der Bürgermeister der Vorarlberger Gemeinde Bludesch kann im nächsten Jahr mit bis zu fünf Millionen Schilling mehr im Gemeindebudget rechnen. Dank gebührt allerdings nicht einem anonymen Spender, sondern der fleißig wachsenden Bludescher Bevölkerung. - In den Rohdaten der Volkszählung kommt Bludesch auf 2.161 Einwohner, was ein Plus von 40 Prozent gegenüber 1991 bedeutet. Katerstimmung macht sich dagegen am anderen Ende der Wachstums-Skala breit: Walter Hubner, Bürgermeister von Vordernberg am Fuß des steirischen Erzberges, sucht bereits fieberhaft nach Sparpotenzial. Wenn die Ergebnisse der Volkszählung mit Anfang 2002 im Finanzausgleich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden schlagend werden, erwartet Hubner ein Minus im Gemeindebudget von rund 3,1 Millionen Schilling. - Bei Gesamtmitteln von 29 Millionen Schilling immerhin Einbußen von zehn Prozent. "Wir sind dabei, das gesamte Budget zu durchforsten", so Hubner gegenüber der APA. Allerdings könne man nicht einfach den Kindergarten schließen, oder eines der drei Schneeräum-Fahrzeuge stilllegen. Dennoch sind die Auswirkungen des Bevölkerungsrückgangs - von 1.832 1991 auf 1.402 2001 - unabkehrbar. Abwanderung durch Arbeitsplatzmangel Über die Gründe der Abwanderung macht sich Hubner keine Illusionen: Noch Anfang der 60er Jahre hätten 350 Vordernberger am nahen Erzberg gearbeitet, nun sei es gerade noch einer. Auch die Arbeitsplätze der ehemals 300 ÖBB-Beschäftigten, die vor allem im Erz-Transport nach Donawitz arbeiteten, sind Geschichte. Selbst der Personenverkehr nach Vordernberg sei heuer eingestellt worden, klagt Hubner. Gegensteuern will die Gemeinde nun mit der Errichtung eines Seniorenzentrums, das ab Herbst 2002 17 Mitarbeiter beschäftigen soll. Außerdem ist ein Biomasse-Fernheizwerk zur Hebung der niedrigen Wohnqualität geplant. Beides wird mit Landeshilfe finanziert. Dass Vordernberg kein Einzelfall ist, zeigen Schätzungen des Städtebundes, wonach ab 2002 1,4 Milliarden Schilling von den "Verlierern" zu den "Gewinnern" der Volkszählung fließen werden. Besonders betroffen sind etwa die Kleingemeinden Annaberg und Freiland bei Deutschlandsberg, die wie Vordernberg seit 1991 über 20 Prozent ihrer Bevölkerung verloren haben. Auch Vordernbergs Nachbargemeinde Eisenerz ist nach wie vor stark im Minus. Städte wie Innsbruck und Linz verlieren ebenfalls Einwohner. "Sieger-Gemeinden" kürzen ihren Schuldenstand Auf den anderen Seite kann das städtische Umland von Abwanderungstendenzen - sowohl aus den Zentralräumen, als auch aus der Peripherie - profitieren. So konnten Purkersdorf nahe Wien und Hof bei Salzburg um 20 Prozent zulegen, Vösendorf wuchs um rund 30 Prozent. Dass sich über der Bevölkerung der "Sieger-Gemeinden" nun plötzlich das sagenhafte Füllhorn öffnen könnte, schließt Erich Walter aber zumindest für seine Gemeinde Bludesch aus. Im Gegenteil: Bludesch habe bereits in den vergangenen Jahren viel in Infrastruktur wie Kindergärten und Kanalisation investiert und werde seine Ausgaben nun "eher kürzen" und den Schuldenstand reduzieren. Schließlich habe man durch die Ausgliederung "marktbestimmter" Gemeindeaufgaben wie Müll- und Wasserentsorgung zwar einen Maastricht-Überschuss von 4,5 Mill. Schilling erreicht, aber insgesamt immer noch jährliche Abgänge von zwei bis sieben Millionen Schilling. (APA)