Linz - Österreich hat derzeit weder einen populären Regierungschef noch einen als menschlich empfundenen Oppositionsführer, fand das Linzer Meinungsforschungsinstitut IMAS in einer jetzt veröffentlichten Umfrage heraus. Das eröffne Chancen für die anderen Parlamentsparteien. IMAS erhob für die Umfrage zwischen Ende Mai und Mitte Juni sowie zwischen Ende Juni und Mitte Juli die Meinung von jeweils 1.000 für die Gesamtbevölkerung repräsentativ ausgewählten Personen. Demnach stoßen sowohl Wolfgang Schüssel (V) als auch Alfred Gusenbauer (S) nur bei jeweils knapp einem Viertel der Österreicher auf ungeteilte Zustimmung zur Person. Beide würden von jeweils der Hälfte der Bevölkerung als Persönlichkeiten kompromisslos abgelehnt. Politik Schüssels erfährt wenig Zustimmung Die vorbehaltlose Zustimmung zur Politik der Spitzenkandidaten sei für Gusenbauer - für den dabei das größere statistische Gewicht der SPÖ zum Tragen komme - mit 35 Prozent größer als bei Schüssel, dessen Politik nur von 23 Prozent ohne "Wenn und Aber" unterstützt werde. Die totale Ablehnung der Politik liege im Fall Gusenbauers bei 40, im Falle Schüssels bei 49 Prozent. Unterm Strich ergebe sich beim Bundeskanzler und beim Oppositionsführer "ein nahezu identes Sympathiedefizit im Hinblick auf die Person", ein deutlich stärkeres für Schüssel in Bezug auf seine politische Linie. Beide seien somit "Lokomotiven ohne Zugkraft", resümiert IMAS. "Offenkundige Sympathievakuum" Dabei eröffne sich für die anderen Parlamentsparteien die Möglichkeit, das "offenkundige Sympathievakuum" bei SPÖ und ÖVP durch geschickte Präentation ihrer Spitzenkandidaten für sich zu nutzen, urteilen die Meinungsforscher und fragten nach der augenblicklichen Wählermeinung. Demnach könnte die SPÖ bei einer Nationalratswahl, die jetzt stattfinden würde, mit rund 36 Prozent der Stimmen rechnen (Nationalratswahl Oktober 1999: 33,2 Prozent). Die ÖVP käme auf 28 Prozent (26,9 Prozent), die FPÖ auf 24 (26,9 Prozent). Die Grünen kamen bei der Umfrage auf zehn Prozent (7,4 Prozent). Das würde bedeuten, dass sich sowohl SPÖ als auch ÖVP gegenüber der letzten Wahl verbessern würden, wobei der Stimmenzuwachs bei der SPÖ stärker ausfiele. Das Liberale Forum erreichte bei der nunmehrigen Umfrage zwei Prozent (3,7). Ablehnung gegenüber Schwarz-Blau wächst Gegenüber einer Umfrage im November des Vorjahres hat sich der Anteil der Personen, die ein vorzeitiges Ende der gegenwärtigen Regierung "eher begrüßen" würden, von 31 auf 39 Prozent erhöht, ist aber damit nicht mehrheitsfähig. Die Gruppe ist zudem kleiner als die Summe der Anhänger von SPÖ und Grünen - "Mit anderen Worten: Bei weitem nicht alle Anhänger der Oppositionsparteien sind erpicht auf eventuelle Neuwahlen", fasst IMAS zusammen. Abgesehen davon hat sich die Meinung verfestigt, dass die schwarz-blaue Koalition ohnehin zusammenbleibt. Nur noch rund jeder vierte Österreicher rechnet mit ihrem vorzeitigen Platzen, im vergangenen November waren es noch 30 Prozent gewesen. (APA)