Heinz Zangerle ( "Homo-Ehe: Und was ist mit den Kindern?" STANDARD, 27. 7.) verkennt vor allem zwei Tatsachen: Erstens gibt es längst zahlreiche Lesben und Schwule, die - allein erziehend oder in einer gleichgeschlechtlichen PartnerInnenschaft - Kinder erziehen; und zweitens ist die heterosexuelle Ehe als überkommene Norm der Elternschaft per se in keiner Weise dem Kindeswohl zuträglicher als schwule oder lesbische, von Zangerle abfällig so genannte Beziehungskistcn. Vermeintliche Schrecken durch nicht eheliche Familienverhältnisse sind für Zangerle Grund genug anzunehmen, Kinder würden mit Vehemenz das Recht einklagen, einen Vater und eine Mutter zu haben - das hat so viel Überzeugungskraft wie der Werbespruch "Katzen würden Whiskas kaufen". Die Krone setzt Zangerle seinen Diffamierungen durch die Idee auf, zwei Schwule würden sich durch Verschmelzung ihrer Samenzellen ein Kind "herstellen" lassen. Abgesehen davon, dass es sich hierbei natürlich nicht um "Klonen" handelt, und auch davon, dass weder von einem derartigen Ansinnen bislang gehört wurde, noch irgendeine Aussicht auf die Machbarkeit bestünde, sollen offenkundig Schwule und Lesben als Erziehende ethisch diskreditiert werden, indem der Tabubruch der derzeitigen Gentechnikdebatte, Menschen klonen zu wollen, Lesben und Schwulen zugeschrieben wird. Gleiche Chancen Lesben und Schwule haben Kinder und erziehen diese nicht weniger sorgfältig als ihre heterosexuellen ZeitgenossInnen. Es gibt keinen Beleg dafür, dass es Kinder, die in schwulen oder lesbischen Haushalten aufwachsen, aus ebendiesem Grund schwerer oder schlechter haben sollten als Kinder, deren Eltern ein gemischtgeschlechtliches Sexualleben haben - außer aus dem einzigen Grund, dass Ewiggestrige die Emanzipation und Chancengleichheit von Lesen und Schwulen verhindern und Verbesserungen ihrer Lebensverhältnisse erschweren wollen. Das kennen wir ja aus anderen Zusammenhängen sehr gut. So wurde und wird die Gleichberechtigung der Frau mit der gleichen Taktik verhindert und verzögert. Weil Alleinerziehende - das waren und sind zumeist Mütter - lange Zeit nicht als gleichwertig zur Vater-Mutter-Kind-Familie anerkannt wurden, sind Maßnahmen verschleppt oder verweigert worden, die angemessene Rahmenbedingungen für sie schaffen können (Kindergärten, Ganztagsschulen, finanzielle Absicherung usw.). Lange hat es auch gedauert, bis im Recht Benachteiligungen und offene Diskriminierungen Alleinerziehender beseitigt waren. Und genau - und nur - darum geht es bei der Debatte um Kinder von Schwulen und Lesben: Rechtssicherheit und Chancengleichheit. Fragwürdige Familien Insofern ist es gerade im Sinne des von Zangerle immer wieder bemühten Kindeswohls, wenn Lesben und Schwule endlich die gleichen Rechte auch im Blick auf ihre Kinder haben, denn dies würde gerade die Schwächeren, die Kinder, absichern. Nicht zuletzt ist auch darauf hinzuweisen, dass die Familie im überkommenen Normbild (Vater, Mutter, Kind) keineswegs das Idealverhältnis ist, das uns Zangerle unterschieben will. Die Ehe ist, auch wenn diese Feststellung unter unseren neokonservativen Zuständen nicht mehr gern gemacht wird, von Haus aus ein patriarchales Instrument zur Erzeugung von Abhängigkeitsverhältnissen. Hierzu dienen Eheprivilegien wie steuerliche Vergünstigungen, Möglichkeiten der Mitversicherung usw. Als solches Abhängigkeitsverhältnis ist also die Ehe nicht die Keim- zelle der Gesellschaft oder des Staates, sondern vor allem die Keimzelle von Gewalt und Ausbeutung. Es hat großer Anstrengungen bedurft, um Ehe und Familie zu zivilisieren - ein Prozess, der längst noch nicht abgeschlossen ist. Sexueller Missbrauch, körperliche und seelische Gewalt und dergleichen gedeihen durch diesen immer noch nicht überwundenen Makel von Ehe und Familie und finden - nicht überraschend - hier am häufigsten statt. Veit Georg Schmidt (Präsident von Christopher Street Day Wien, Veranstalter von Europride) (D ER S TANDARD , Print-Ausgabe, 7.8. 2001)