In Südafrika steht ein Mann vor Gericht, der am Kap nur noch "Doktor Tod" genannt wird. Der Arzt Wouter Basson hat für das weiße Apartheid-Regime jahrelang geheime Aufträge erledigt: Er besorgte chemische Kampfstoffe und experimentierte in Geheimlabors des südafrikanischen Militärs mit Giftmischungen, die er an Menschen getestet hat. Er soll an der Ermordung Hunderter ApartheidgegnerInnen beteiligt gewesen sein, zudem mit libyschen, russischen und ostdeutschen Kontaktmännern ein internationales Geldwäscheimperium aufgebaut haben."Ausrottung" von Schwarzen Basson forschte eigenen Aussagen vor Gericht zufolge etwa an einem Wirkstoff, um schwarze Frauen zu sterilisieren. Sein Forschungsteam soll auch nach einem tödlichen Erreger gesucht haben, der nur Schwarze infiziert. Der frühere Chef der Labors für biologische und chemische Kampfstoffe schilderte auch, wie er sich in der damaligen UdSSR 250 Gramm menschlicher Wachstumshormone beschaffte, eine Menge, "die von etwa 30.000 toten Menschenkörpern" stammen musste. "Doktor Tod" enthüllte vor Gericht auch seine Experimente mit Drogen, die Einfluss auf das Gruppenverhalten der Menschen hatten. Er habe mithilfe privater Geldgeber aus aller Welt einen Zoo für seine Forschungsarbeiten angemietet, weil er in Tierversuchen herausfinden wollte, wie bestimmte Hormone das Massenverhalten beeinflussen. Menschenquälerei Basson, der Ende der Siebzigerjahre vom südafrikanischen Militär mit der Entwicklung chemischer und biologischer Kampfstoffe beauftragt wurde, beschrieb etwa die Wirkung von Pheromon, das Angst und Schrecken auslösen kann und vermischt mit Tränengas in Menschenmengen geschossen werden sollte. Ebenso habe er mit Drogen experimentiert, die Sicherheit und Wärme verbreiten sollten. Sein Ziel: Mittel zu finden, um Menschen manipulierbar und willenlos zu machen. Das Verfahren gegen den 50-Jährigen wurde vor fast zwei Jahren eingeleitet, und es war bald klar, dass es lange dauern wird, bis Beweise für die lange Liste der Anklagepunkte auf dem Tisch liegen - wann es zu einem Urteilt kommt, ist noch offen. Basson werden Mord, Beihilfe zum Mord, Betrug und Drogenhandel vorgeworfen. "Doktor Tod" weist jedoch alle Anschuldigungen zurück, er habe stets im Auftrag der Regierung gehandelt und sei für die Folgen seiner Arbeit nicht verantwortlich. Ein ehemaliger Offizier des militärischen Geheimdienstes bestätigte jedoch die Vorwürfe, wonach Basson auch an zahlreichen Morden von RegimegegnerInnen beteiligt gewesen sein soll. Agent Johan Theron, der von 1979 bis 1987 mindestens 200 politische Gefangene ermordete, sagte vor Gericht aus, dass ihn Basson mit Todesspritzen versorgte, mit denen er Häftlinge umbrachte. Der Arzt soll auch an der versuchten Vergiftung von prominenten Apartheidgegnern beteiligt gewesen sein. Bassons Verteidigung fordert, die Anklagepunkte fallen zu lassen, weil es keine ausreichenden Beweise für eine direkte Beteiligung des Angeklagten an den Verbrechen gebe. Richter Willie Hartzenberg hat zwar "keine Zweifel, dass eine Reihe von Morden verübt wurde", verlangt von der Staatsanwaltschaft aber klare Beweise, dass Basson, der auch Privatarzt des Apartheidpräsidenten Pieter W. Botha gewesen war, darin verwickelt war. Akten verschwunden Der Justiz fällt es schwer, Zeugen und Beweise zu beschaffen. In den letzten Tagen der Apartheid sind wichtige Akten verschwunden. Basson hatte sich ein international verflochtenes Netzwerk aufgebaut, um Geld und Rohstoffe für seine Experimente zu beschaffen. Eine seiner finanziellen Drehscheiben war die Schweiz, aber auch in anderen Ländern unterhielt Basson Bankverbindungen und Kontakte zum Geheimdienst. Seine finanziellen Transaktionen sind heute kaum noch durchschaubar. Und die südafrikanischen Pharmafirmen, mit denen er damals zusammengearbeitet hatte, hat er längst aufgekauft. (STANDARD-Korrespondentin Susanne Bittorf aus Kapstadt/DER STANDARD, Printausgabe 9.8.2001)