Senkung der Zuwandererquote: Auch Bedenken der Wirtschaft - TM Leitl fordert als flankierende Maßnahme Einführung befristeter Arbeitsgenehmigungen - Kritik von Opposition Wien (APA) - Die von der Regierung geplante Senkung der Zuwandererquote von heuer 8.518 auf rund 8.300 im nächsten Jahr empört nicht nur die Opposition, sondern löst auch bei der Wirtschaft Bedenken aus. So forderte Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl die Einführung befristeter Arbeitsgenehmigungen. "Wir erwarten uns, dass die Regierung bei all ihren Beschlüssen im Hinterkopf die Lösung der Arbeitsmarktprobleme hat und nicht die Darstellung irgendwelcher Quoten nach außen", so Leitl. **** Der Geschäftsführende SPÖ-Klubchef Josef Cap warf der Koalition wegen der Senkung der Zuwandererquote eine "wirtschaftsfeindliche Haltung" vor. Auch für die Grüne Migrationssprecherin Terezija Stoisits handelt die Regierung "jenseits aller wirtschaftspolitischen Vernunft", weil die von der Koalition beauftragten Wirtschaftsforscher von einem Arbeitskräftebedarf bei Ausländern von 30.000 für 2001 und 2002 gesprochen haben und sogar von 165.000 zusätzlichen Arbeitskräften für dieses Jahrzehnt. Seitens der Koalitionsspitzen gab es am Donnerstag strikte Zurückhaltung. Es wurde auf die Präsentation der Zuwandererquote beim Sommerministerrat kommenden Montag verwiesen. SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Doris Bures sprach sich für eine Sonderquote bei der Familienzusammenführung aus. Sie erneuerte auch den SPÖ-Vorschlag, konkrete Kriterien für Zuwanderung festzulegen. Dies solle durch eine unabhängige Kommission geschehen, die nicht ein parteipolitisches Hick-Hack veranstalte. Sie warf vor allem der FPÖ vor, mit dem Ausländerthema parteipolitisches Kapital schlagen zu können. Stoisits wiederum kritisierte, dass Österreich das einzige EU-Land sei, wo Familienzusammenführung von Zuwanderern quotiert werde. Sie bezweifelt auch, dass der Rückstau bei der Familienzusammenführung, der laut Stoisits nicht wie angegeben 11.000 bis 12.000 beträgt, sondern deutlich darüber liegt, in dieser Legislaturperiode abgebaut werden kann. Kritik an der Senkung der Zuwandererquote gab es auch seitens der Kirche. Die Migrationsexpertin der Caritas Österreich, Andrea Huber, meinte, mit der Quotensenkung für die Familienzusammenführung würden fundamentale Menschenrechte den wirtschaftlichen Interessen geopfert. Der Direktor der Diakonie Österreich, Michael Chalupka, hielt der Regierung vor, hartnäckig das Recht auf Einheit des Familienlebens zu verweigern. Die Anregung von Leitl auf eine Ausweitung des Saisonierbegriffs wird von Tourismusstaatssekretärin Mares Rossmann (F) nicht geteilt. Eine weitere ständige Aufstockung des Saisonierkontingents könne nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Einen heftigen Disput löste die Zuwandererquote auch in der Wiener Kommunalpolitik aus. Wiens FP-Chef Hilmar Kabas forderte einen Stopp jeglicher Zuwanderung und beharrt auf einer Null-Quote. Große Sorge äußerte Wiens Integrationsstadträtin Renate Brauner (S), die angesichts der Quotenkürzung von einer "menschenverachtenden Politik" der Regierung sprach.