Wien - Die Haltung von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel hinsichtlich einer Änderung des umstrittenen Paragrafen 209 über das Schutzalter für "gleichgeschlechtliche Unzucht" nahm die deutsche Tageszeitung "Die Welt" in ihrer Freitagausgabe zum Anlass eines Kommentars unter dem Titel "Schüssel kämpft gegen die Schwulen in seinem Land". "Österreich ist - neben Portugal - mittlerweile das einzige EU-Land, in dem unterschiedliche Schutzalter für Heteros und Homosexuelle gelten", erinnert der Kommentar. Dafür sei Österreich vom Europarat kritisiert und vom Europaparlament gerügt worden, der Verfassungsgerichtshof prüfe den Paragrafen wegen des Vorwurfs der Diskriminierung. "Wegen des drohenden Höchstgerichtsurteils muss der Justizminister im Herbst den 'Homo-Paragrafen' höchstwahrscheinlich abschaffen - oder zumindest so reformieren, dass er nicht mehr diskriminierend wirkt. Wie er das machen soll, ohne den Koalitionsfrieden zu gefährden, ist freilich höchst ungewiss", meint "Die Welt", denn Schüssel trete "höchstpersönlich" für die Beibehaltung des höheren Schutzalters ein. Sogar FPÖ-Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer könne sich eine Streichung des Paragrafen 209 und sogar eine Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften vor dem Gesetz vorstellen und habe "Überzeugungsarbeit" beim Kanzler angekündigt, heißt es in dem Kommentar. "Das wird ein hartes Stück Arbeit. Denn die einzige Art von Angleichung, die sich Schüssel vorstellen kann, ist eine Anhebung auch des heterosexuellen Schutzalters auf 18 Jahre. Damit wären Legionen verliebter Teenager künftig vom Strafgesetzbuch gefährdet - eine Aussicht, die innerhalb der Koalition heftiges Kopfschütteln verursacht. Selbst in konservativen ÖVP-Kreisen ist Schüssel mit seiner Haltung mittlerweile in der Minderheit." (APA)