Kunst
"Wer macht die Kunst von morgen?"
Dieser Frage widmet sich die Ars Electronica vom 1.-6. September
Wien - "Es zeichnet sich ab, dass die aktuelle zeitgenössische Kunst nicht das sein
wird, was uns in Zukunft besonders interessiert": Kleine Kampfansagen des
Ars-Electronica-Leiters Gerfried Stocker an "einen etwas überkommenen
Avantgarde-Begriff" am Dienstag, bei einer Programmpräsentation in Wien weisen
den Weg der diesjährigen Ars Electronica in Linz (1. bis 6. 9.). 275 KünstlerInnen und
36 Vortragende widmen sich in über 100 Projekten unter dem Motto "Takeover" der
programmatischen Frage "Wer macht die Kunst von morgen?"
Große Veränderungen gibt es vor allem im Symposions-Bereich der Ars Electronica,
der sich nicht mehr nur, wie bisher, über zwei Tage, sondern über die ganze Woche
erstrecken wird. "Die Theorien für die zeitgenössische Kunst von morgen sind noch
nicht geschrieben", daher werde vom traditionellen Symposions-Begriff mit Vorträgen
bekannter TheoretikerInnen abgegangen und das Thema in einer "durchgehenden
Diskursplattform" im Linzer Brucknerhaus erläutert, so Stocker.
"eher in Form von DJs"
Dabei sollen KünstlerInnen und PraktikerInnen zu Wort kommen, die neue Wege
"außerhalb des Kunstbetriebes mit all seinen -ismen" beschreiten, so Christine
Schöpf. Stocker ortet die Tradition, in der die Kunst der Zukunft stehen wird, "eher im
musikalischen und darstellerischen Bereich als in der bildenden Kunst". Die
Moderatoren des Symposions werden daher "eher in Form von DJs" arbeiten, die
Beiträge zum Thema, gehalten von "Leuten aus den Neuen Medien, Designern,
Wissenschaftern und Vertretern von Entertainment und Gaming-Industrie", sollen
versuchen, "die aktuellen spannenden Bereiche" zu beleuchten. Das gewählte Thema
sei "auch sehr vage", so Stocker, der auf "sehr kühne Formulierungen" hofft.
wer, wo, wie für wen"
Künstler- und Werkbegriff, Tradition und Theorie, die kategorischen Fragen nach dem
"wer, wo, wie und für wen": "Die neuen Formen der Produktion, Distribution und
Rezeption" führten "vor allem auch zu einer neuen Form des künstlerischen
Selbstverständnisses", so Stocker. Postmodern geben sich zwei Vorzeigeprojekte:
Neben Golan Levins "Dialtones: A Telesymphony", das erste Konzert, das
ausschließlich von Handys bestritten wird und für Stocker "nicht nur ein Joke, sondern
eine sehr ernsthafte auch musikalisch-kompositorische Auseinandersetzung" mit
neuer Technologie ist, gibt es bei "Paintball" am Linzer Hauptplatz eine riesige weiße
Leinwand mit der Aufforderung: "If you don't think this is art, call: 0800-123 456". Tippt
man diese Nummer ins Handy, schießt eine Art Katapult bunte Farbkugeln auf die
Leinwand. "Damit wird die typische Frage 'Was ist denn daran Kunst?', mit der sich die
Ars Electronica schon jahrelang herumschlagen muss, provozierend und ironisch an
die Bevölkerung herangetragen", so Stocker.
"electrolobby"
Ein Schwerpunkt wird die "electrolobby" im Brucknerhaus sein, ein rund um die Uhr
offener Mix aus Showroom und Medienkonferenz. Als ähnlich offenes Forum ist der
"Takeover Campus" an der Linzer Kunstuniversität geplant. Sein 15-Jahr-Jubiläum
feiert der vom ORF-Landesstudio Oberösterreich ausgeschriebene und mit 100.000
Euro (1,376 Mill. S) dotierte "Prix Ars Electronica 2001", der am 3. 9. verliehen wird.
Dieses Jahr werden die Gewinner erstmals erst bei der Verleihung selbst
bekanntgegeben, Stocker hofft "auf so manches überraschte Gesicht". Die
Netzkategorie des Preises wurde neu definiert und wesentlich erweitert: Es werden
sechs Geldpreise (darunter zwei Goldene Nicas) in den Sparten "Net Vision" und "Net
Excellence" vergeben.
(APA/red)