Das Schöne an den Alpbacher Architekturgesprächen - wie bereits vermeldet waren sie die ersten in der Alpen-dorfgeschichte - war vor allem die Durchmischung der Disziplinen, eine Tugend, die gute Architektur naturgemäß in hohem Maße verkörpert. Das zu vermitteln ist verflixt schwierig, die Architekten bringen es jedenfalls zur Zeit nicht so recht zusammen, weshalb sie häufig unschuldig gescholten werden, und so kam es vor, dass sie sogar in Alpbachs Intellektuellenhallen publikumsseits als Verbrecher bezeichnet wurden. Wie dumm und kurzsichtig. Adolf Holl kennt sich mit Verbrechern aus, schließlich ist er Theologe. Er war als einer dieser außerdisziplinären Gäste zum Vortrag geladen. Seine "Erinnerung an eine Architektur der Extravaganz, der Verschwendung und Großzügigkeit" sah allerdings die Missetäter eher auf der anderen Seite, und zwar auf jener der Bauherren. Holls Architektur der Extravaganz steigt dem Betrachter in Form von Kathedralen zu Gemüte, es sind die Gotteshäuser aller Art, die Gläubige und Ungläubige gleichermaßen seit Jahrhunderten weihevoll zu durchschauern vermögen. Ja, solche Sachen müsste man heute noch zustande bringen, raunten Teile des Publikums in Verklärung, und stellten zum siebenhundertfünfundachtzigmilliardsten Mal die vorwurfsvolle Frage, warum zeitgenössische Architekten derartige Stimmungsbomben nicht zustandebrächten. Die Antwort liegt auf der Hand: Weil heute keine gesamten Volkswirtschaften hinter Projekten wie diesen stehen, schlicht, weil es - zum Glück für alle Nichtkathedralenbewohner - hierzulande keine Bauherren dieser Art mehr gibt. Für die Verschandelung der Gegend, die man ausschließlich den Architekten anlastet, braucht es erst einmal diejenigen, die den Unsinn in Auftrag geben. Vielleicht sind die Missetäter dort zu suchen. (uwo - DER STANDARD, Print-Ausgabe, Album, 25. 8. 2001)