Graz ist eine Vorzeigestadt. Nicht unbedingt, was ihren Umgang mit Frauenpolitik betrifft oder den Gegebenheiten in den Betrieben, aber was die Einhaltung von WHO-Richtlinien (WHO = Weltgesundheitsorganisation) betrifft, gibt Graz sich alle Mühe. Als Mitglied der Vereinigung der "Gesunden Städte" hat sie sich verpflichtet, Frauengesundheitsförderung zu betreiben. Und das passiert!Frauengesundheitsbericht als Anfang Nachdem 1998 der Frauengesundheitsbericht Graz vorgelegt wurde, ging es nun in einem weiteren Schritt darum, die laut WHO "als Orte der Ungleichheit" definierten Arbeitswelten anzuschauen. Aus finanziellen Gründen wurden leider nur sechs Betriebe einem sogenannten "Health Audit" unterzogen, der Querschnitt dürfte dennoch ziemlich repräsentativ sein. Vorgegangen wurde ausgehend von der Analyse, was denn die Gesundheit von Frauen beeinträchtigt. Neben den demografischen Faktoren wie Alter, Geschlecht, Kinderzahl wirkt sich auch die politische Lage auf die Gesundheit aus. Wie/in wie weit kann ich am politischen und gesellschaftlichen Geschehen partizipieren? Wie ohnmächtig fühle ich mich gegenüber gesellschaftlichen Entwicklungen. Wie autonom kann ich mein Leben gestalten? Männer sehen Gesundheit als "Abwesenheit von Krankheit und Schmerz", Frauen hingegen als "wenig Stress" und "soziale Harmonie". Da liegt es wohl auf der Hand, dass "angenehme", faire Arbeitswelten einen großen Teil dazu beitragen. Für Frauen relevante Betriebe, "Frauenbetriebe", Lebenswelten Geplant und durchgeführt wurde die interdisziplinäre Untersuchung von Dr. Renate Augusta (selbständige Managementberaterin), Dr. Ursula Püringer (Ärztin und Public Health Beraterin) und Sylvia Groth (Geschäftsführerin der Grazer Frauengesundheitszentrums) und vom Frauenreferat und dem Gesundheitsressort der Stadt Graz sowie dem Fonds "Gesundes Österreich" finanziert. Es wurde versucht, bei der Auswahl der Betriebe 3 relevante Kategorien zu berücksichtigen. Einerseits wurden besonders für Frauen relevante Betriebe ausgewählt, wie zum Beispiel die Grazer Verkehrsbetriebe, da öffentliche Verkehrsmittel überdurchschnittlich von Frauen benutzt werden. Dann kamen noch sog. "typische Frauenbetriebe" unter die Lupe, wie zum Beispiel "Spar" und zuallerletzt wurde noch versucht, einen guten Querschnitt über alle Lebenswelten zu geben (Gesundheitsbereich, Sozialbereich, Banken...) Ergebnisse der Untersuchung Obwohl es in allen Betrieben eine Reihe von Gesundheitsangeboten gibt, sind keine davon explicit für Frauen beziehungsweise berücksichtigt den Zusammenhang zwischen Gesundheit und Wohlbefinden und den unterschiedlichen Arbeitsbedingungen von Frauen und Männern. Auch in der Beschäftigung spiegelt sich der Status Quo mehr oder minder wider. Liegt der Anteil der weiblichen Beschäftigten ziemlich hoch (bis zu 82%, Ausreißer sind die Grazer Verkehrsbetriebe mit 9%), ändert sich das Bild in der Führungsebene massiv (positives Glanzlicht ist die Caritas mit 48%). Werden Neubesetzungen durch die Bank neutral ausgeschrieben (außer: Steyr Daimler, spezielle Förderung für weibliche Lehrlinge), sind die Aufstiegsmöglichkeiten bei allen Betrieben ihrer Angabe nach für beide Geschlechter gleich. Gezielte Maßnahmen für Frauen gibt es aber nicht. Ebenso bei den Fortbildungsangeboten. Hier werden keine explicit für Frauen angeboten, diese nehmen diese aber in erhöhtem Maß in Anspruch. Der Betriebsrat ist vornehmlich männlich, positiver Ausreißer wieder mal die Caritas mit 50% Frauen. Was angesichts der Tatsache, das die Vertretungsarbeit bei Mobbing, sexueller Belästigung am Arbeitsplatz etc. zum größten Teil über diese Institution läuft, bedenklich erscheint. Bedürfnissorientierung und Produktgestaltung In welchem Maße Frauen als Kundinnen relevant sind beziehungsweise in wie weit die Betriebe auf ihre Bedürnisse eingehen, wurde an hand dieser Untersuchung auch erhoben. Die GKK zum Beispiel gibt Terminwünschen von Frauen zwischen 12.00 und 16.00 Uhr Vorrang, da eine interne Erhebung ergeben hat, dass insbesondere Frauen sich Termine in diesen Zeiten wünschen. Von den 44 Einrichtungen der Caritas sind 6 explicit an Frauen gerichtet, und auch die markwirtschaftliche Relevanz und somit Einbeziehung von Frauen für die Spar-Gruppe liegt auf der Hand. Forderungen und Zielsetzungen Neben bewusstseinsbildenden Maßnahmen fordern die Gestalterinnen der Untersuchung eine geschlechtssensible Gesundheitsberichterstatttung sowie ein umfassendes politisches Programm zur Förderung von Gesundheit und Wohlbefinden von Frauen in allen Lebensbereichen. Frauengesundheit muss als "Querschnitt-Aufgabe" behandelt werden. in den Betrieben müsse es zur Einrichtung von Gesundheitsförderungs-Programmen sowie zur Installierung von Gleichbehandlungsbeauftragten kommen. Ebenso muss die Steigerung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf (für beide Geschlechter!) vorangetrieben werden, genauso wie die Förderung von Aufstiegs- und Karrierechancen für Frauen. (e_mu)